Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat am Mittwoch seinen seit Monaten angekündigten "Marshall-Plan" für Afrika präsentiert. Der künftige Weg des Nachbarkontinents sei Herausforderung und Chance für Europa, sagte er anlässlich der Veröffentlichung in Berlin. "Lösen wir die Probleme nicht gemeinsam vor Ort, so kommen sie über kurz oder lang zu uns."
Müller setzt auf einen Zukunftsvertrag und betont, die Initiative sei ein "Marshall-Plan mit Afrika", nicht für Afrika. Bis 2050 wird sich die Bevölkerung Afrikas laut Prognosen auf dann 20 Prozent der Weltbevölkerung verdoppeln und das Durchschnittsalter bei etwa 20 Jahren liegen. Die Sicherstellung der Ernährung, der Zugang zu Energie sowie Arbeitsplätze für junge Afrikaner zählten zu den größten Herausforderungen, erklärte Müller.
EU-Kommissar für Afrika
Eckpunkte seines knapp 30-seitigen Plans betreffen eine stärkere wirtschaftliche Förderung sowie mehr Unterstützung, damit Aus- und Weiterbildung gewährleistet werden kann. Auf europäischer Ebene spricht sich der Minister für einen EU-Kommissar aus, der sich speziell um Afrika kümmert. Ferner ermuntert Müller die deutsche Wirtschaft zu Investitionen: "Die Chancen in Afrika sind riesig."
Müller betont eine "partnerschaftliche Kooperation", die auf afrikanische Eigeninitiative und Eigenverantwortung setzt. Reformorientierte Partnerländer sollen stärker als bisher unterstützt werden. Die deutsche Entwicklungspolitik setze so Anreize für eine eigenverantwortlich gestaltete nachhaltige Entwicklung.
Differenzierter Blick nötig
Von den Grünen kam Kritik an der Vorlage des Ministers. "Man muss den afrikanischen Kontinent viel differenzierter betrachten", sagte der Sprecher für Entwicklungspolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, Uwe Kekeritz, dem epd. Für die Sahel-Zone seien beispielsweise völlig andere Maßnahmen, Strukturen und Hilfsmittel nötig als für das südliche Afrika oder den Kongo. Der Grünen-Politiker forderte Müller auf, sich auf internationaler Ebene für gerechtere Handelsverträge und gegen Korruption und Steuerflucht einzusetzen.
Der Entwicklungsverband Venro begrüßte grundsätzlich die Analyse Müllers. "Noch immer leiden die Menschen in Afrika unter struktureller Ausbeutung, fehlender Rechtstaatlichkeit und der Skrupellosigkeit vieler internationaler Konzerne", sagte der Vorstandsvorsitzende Bernd Bornhorst. Er forderte Müller aber weiter auf, geplante Wirtschaftsabkommen zu stoppen, um die Menschenrechte oder die lokalen Wertschöpfungsketten tatsächlich zu stärken.
Auch fragile Staaten absichern
Der Entwicklungsminister verwies auf eine Neupositionierung der Entwicklungspolitik hin zu Reformpartnerschaften. Die afrikanischen Staaten müssten eigene Finanzmittel mobilisieren, erklärte er in Berlin. Um dies umzusetzen, müssten die Steuersysteme in den Ländern gerechter werden sowie Steuerbetrug und Gewinnverlagerung multinationaler Konzerne ein Ende haben. Laut Ministerium entgehen den Entwicklungsländern dadurch jährlich bis zu 100 Milliarden US-Dollar.
Der Gründer der Lobby-Organisation "One", Jamie Drummond, mahnte, die Bundesregierung dürfe jetzt nicht zu sehr auf wirtschaftlich starke Staaten setzen, die schon auf einem guten Weg seien. Der deutsche Staat müsse auch private Investitionen in fragile Staaten absichern, sagte er der "Welt" (Mittwoch). Der Generalsekretär der Westerwelle Foundation, Alexander Vogel, betonte: "Investitionen in Afrika sind auch immer Investitionen in Deutschlands und Europas Werte und Sicherheit."