"Diese Momente sind in mein Herz eingebrannt; ich habe sie immer noch vor Augen, als ob es gestern passiert wäre", sagte der emeritierte Krakauer Erzbischof im Interview der polnischen Nachrichtenagentur KAI.
"Er sackte in meinen Armen zusammen"
Dziwisz weiter: "Ich kann immer noch sehen, wie sich der Papst bückt, um ein kleines Mädchen hochzuheben und zu segnen. Ich kann immer noch die Schüsse und das Flattern der Hunderten Tauben hören, die erschrocken wegflogen; und die verzweifelten Schreie der Menschen."
Dziwisz fuhr an jenem Tag mit Johannes Paul II. zur Generalaudienz im offenen Jeep über den Petersplatz, als der Türke Mehmet Ali Agca aus wenigen Metern Entfernung mehrere Schüsse auf den Papst abfeuerte. "Er sackte in meinen Armen zusammen", erinnert sich der Sekretär, der Johannes Paul II. auffing.
Es sei kein Arzt in der Nähe gewesen; deshalb habe man versucht, den angeschossenen Papst auf schnellstem Weg in die römische Gemelli-Klinik zu bringen. Dieser sei zunächst bei Bewusstsein gewesen, so Dziwisz; "doch seine Kraft ließ schnell nach, er sprach immer leiser und mit sichtbaren Schwierigkeiten". Dennoch habe der Papst Ali Agca noch auf dem Weg ins Spital vergeben, so dessen damaliger Sekretär.
Blutgetränkte weiße Soutane
Den Anblick der blutgetränkten weißen Soutane von Johannes Paul II. werde er nie vergessen, betonte der einstige Papstvertraute. Auch während der ersten Stunden im Krankenhaus habe es etliche dramatische Momente gegeben. Die Ärzte hätten aber mit großer Entschlossenheit erfolgreich um sein Leben gekämpft.
Zu den Hintergründen des Attentats gebe es viele Vermutungen, Spekulationen und mehr oder weniger glaubwürdige Interpretationen, erklärte Dziwisz im KAI-Interview. Die Wahrheit sei "kompliziert", und er wisse nicht, ob sie jemals umfassend geklärt wird.
Darüber, wer daran Interesse gehabt haben könnte, den Papst zu töten, gebe es aber keine Zweifel, so der Kardinal. Johannes Paul II. habe "mit dem eigenen Blut für seinen Einsatz zur Wiederherstellung der historischen Gerechtigkeit und der Freiheit der Nationen bezahlt".
Von Beginn seiner Amtszeit an habe der Papst offen darüber gesprochen, "dass das kommunistische System wie jedes totalitäre System Freiheit und Würde der Menschen und den Wunsch nach Gerechtigkeit und Frieden zerstört", so Dziwisz. Böse Mächte setzten nicht auf Dialog oder Respekt, sondern auf Gewalt.