"Es schwinden, es fallen Die leidenden Menschen" – ohne Hoffnung beschreibt Friedrich Hölderlin (1770 - 1843) die Welt der Menschen, während in den zwei Strophen des Gedichtes im Roman zuvor die Götterwelt als "glänzend" und "in stiller, ewiger Klarheit" existierend dargestellt wird.
Der pessimistische Sicht auf die Welt der Menschen wollte sich Johannes Brahms nicht ohne den Gedanken an Hoffnung anschließen. In einem Brief schrieb er über Hölderlins Gedicht: "Ich sage ja eben etwas, was der Dichter nicht sagt, und freilich wäre es besser wenn ihm das Fehlende die Hauptsache gewesen wäre." Die Hauptsache, das war für Brahms wohl die Hoffnung, dass durch den Glauben der Mensch Teilhabe am göttlichen Frieden haben kann und keine so trostlose Existenz fristen muss wie Hölderlin es formuliert.
Um dies kompositorisch auch zu verdeutlichen, lies Brahms das Werk mit einem Orchesternachspiel ausklingen, das starke Parallelen zur instrumentalen Einleitung hat, die er für die beiden Strophen über die strahlende Götterwelt geschrieben hatte. Mit diesem "Trick" wolle er einen zu negativen Abschluss des Werkes verhindern.
Nach der fatalistischen Menschenstrophe erklingt so ähnliche Musik wie zuvor bei der Beschreibung der Götter. Der Mensch kann also nach Brahms Ansicht durchaus Anteil am Göttlichen erhalten oder ist zumindest nicht ganz so erbärmlich, wie es die dritte Strophe nahelegt.
Allerdings haderte Brahms durchaus mit dieser Fassung des Schicksalsliedes, weil ihm klar war, dass er damit der Intention des Textes des Hölderlin-Gedichtes kaum entsprach.
Der Komponist überlegte, ob er den schweigenden Chor doch noch einsetzen sollte. Aber letztlich behielt er diese Fassung bei. Der optimistisch angehauchte Schluss erinnert so an den ähnlich positiven Abschluss seiner Vertonung des "Deutschen Requiems".
Die Uraufführung 1871 hinterließ beim Publikum große Eindruck und wurde in den folgenden Jahren immer wieder aufgeführt - bis heute gehört das Schicksalslied fest zum Repertoire vor allem von Konzertchören.