Das Bier fließt grün gefärbt und reichlich. In New York City und weiteren Städten paradieren am St. Patrick's Day - jedenfalls außerhalb von Coronazeiten - Männer mit Kilt und Dudelsack, "Tin Whistle"-Flöten und Trommeln, dazu marschieren Abordnungen von Polizei und Feuerwehr.
Der Tag des irischen Nationalheiligen am 17. März ist traditionell Anlass für Nostalgie und Grund zur Party. US-Politiker entdecken dann stets ein bisschen irisches Blut in ihrer Familiengeschichte. Ob der Heilige im fünften Jahrhundert tatsächlich Schlangen aus Irland vertrieben hat, wie die Legende sagt, muss nicht beantwortet werden.
Blick in die Ahnenforschung
Der Mann im Weißen Haus muss bei der Ahnenforschung nicht weit gehen: Dem 78-jährigen Joe Biden ist die Geschichte der Iren in den USA ins Gesicht geschrieben. Er kann auf seine aus County Mayo in Irland eingewanderten Vorfahren zurückblicken. Er zitiert den irischen Dichter James Joyce und spricht gerne über die Besonderheit der Iren, die vornehmlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Amerika gekommen sind, viele davon während oder unmittelbar nach der großen Hungersnot von 1845 bis 1852.
"Wie meine Mutter gesagt hat, irisch zu sein bedeutet Familie, Glauben und ganz besonders Mut", sagte Biden bei einer der Frühstücksversammlungen zum St. Patrick's Day, die er als Barack Obamas Vizepräsident jedes Jahr organisieren ließ. Den Mut nämlich, die Möglichkeiten eines Neuanfangs in den USA zu sehen.
"Irisches" in der Familiengeschichte
Mehrere US-Präsidenten haben "Irisches" in der Familiengeschichte. Einer von Obamas Ur-Ur-Ur-Großvätern namens Falmouth Kearney aus dem Dorf Moneygall riskierte Mitte des 19. Jahrhunderts die Überfahrt nach Amerika, haben Ahnenforscher ermittelt. Barack und Michelle Obama haben 2011 die entfernte Verwandtschaft in Moneygall besucht und umarmt. Ronald Reagans Urgroßvater kam aus Irland, wo er in armen Verhältnissen lebte, wie der frühere US-Präsident beim Besuch in Ballyporeen 1984 vermerkte. Er komme als Nachfahre von Menschen, "die in Armengräbern bestattet worden" seien.
Der erste irisch-katholische Präsident der USA, John F. Kennedy (1961-1963), musste die mehrheitlich protestantischen Wähler überzeugen, er sei "nicht der katholische Präsidentschaftskandidat", sondern der "Kandidat der Demokratischen Partei, der zufälligerweise auch katholisch ist." Viele Protestanten blickten lange Zeit mit Argwohn auf die Katholiken, auf deren Latein beim Gottesdienst und den gar nicht so recht zum amerikanischen Demokratieverständnis passenden Papst. Iren machten in den USA die "niedrigen" Jobs. Der weiße Hassverband Ku Klux Klan terrorisierte traditionell Schwarze, Juden und Katholiken.
Irisch und katholisch gehörte in Joe Bidens Kindheit zusammen. Seine Familie in Scranton in Pennsylvania sei sonntags gemeinsam zur Messfeier gegangen. "Meine Anwesenheit war nicht freiwillig", schrieb Biden in seiner Autobiografie "Promises to Keep". Doch Kirche sei ein Stück Zuhause gewesen. Er habe beinahe den gesamten Katechismus auswendig gelernt. Noch heute trage er immer einen Rosenkranz bei sich, sagte Biden 2020 dem TV-Sender CNN.
"Die Iren" sind längst in der Mittelklasse angekommen
Die in der Arbeiterschicht verwurzelten Iren wählten meist Kandidaten der Demokratischen Partei. Bei einer Wahlveranstaltung im September sprach Biden über die Berufswünsche seiner Altersgenossen: Polizist, Feuerwehrmann und Priester. Das war einmal. "Die Iren" sind längst in der Mittelklasse angekommen und wie viele Weiße in die Vororte gezogen. Und dort wählen Weiße mehrheitlich republikanisch.
Wie bei vielen Einwanderern werden bei den irischstämmigen Amerikanern Identität und die Bindung zur "Heimat" von Generation zu Generation schwächer. Bei der Volksbefragung der US-Regierung 2010 erklärten 34,7 Millionen US-Amerikaner, sie hätten irische Vorfahren.
1980 waren es noch 40,2 Millionen gewesen. Das "Clinton Institute" am University College Dublin in Irland ermittelte bei einer Befragung junger US-Amerikaner zwischen 18 und 32 Jahren irischer Abstammung in der Region New York im Oktober 2019, dass nur 15 Prozent der Befragten irischen Organisationen angehören.
Präsident Biden hat den März zum "Irish-American-Heritage"-Monat erklärt, in dem man die Verdienste der US-Amerikaner aus Irland feiern solle. Das "Gewebe" der USA enthalte viele "Fäden vom irischen Grün".