Die Richter stärkten damit am Donnerstag in Erfurt das gesonderte Arbeitsrecht der Kirchen, das von den Mitarbeitern besondere Loyalitätspflichten verlangt. Zuvor hatte auch schon das Landesarbeitsgericht Stuttgart die Entlassung des heute 60-jährigen Sozialpädagogen als rechtmäßig bezeichnet und auf das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen verwiesen.
"Schwerwiegenden Loyalitätsverstoß"
Der Vorsitzende Richter Burghard Kreft bekräftigte in seiner mündlichen Urteilsbegründung, dass es sich bei einem Kirchenaustritt um einen "schwerwiegenden Loyalitätsverstoß" handele. Gleichwohl räumte er ein, dass man sich in einem verfassungsrechtlich "sensiblem Gebiet" bewege. Es gebe keineswegs einen Automatismus. Nach weltlichem Recht müsse es immer zu einem konkreten Interessenausgleich der Rechte der Kirche und des Einzelnen kommen.
Dabei sei auch denkbar, dass es in anderen Fällen zu anderen Entscheidungen komme. Konkret seien die Beweggründe des Austritts mit zu berücksichtigen. Die von dem Kläger angeführte Motivation für seinen Kirchenaustritt sei allerdings nicht hinreichend.
DBK: Vertrauensgrundlage für Zusammenarbeit zerstört
Der Pressesprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp, erklärte, die Bischöfe sähen sich in ihrer Rechtsauffassung bestärkt. Katholische Mitarbeiter im kirchlichen Dienst könnten den Sendungsauftrag der Kirche nur dann glaubhaft vermitteln, wenn sie sich selbst zur katholischen Kirche bekennen. "Wer seinen Austritt aus der Kirche erklärt, verstößt gegen das Gebot der Mindestloyalität. Er distanziert sich öffentlich von der Kirche, was als Aufkündigung der kirchlichen Treuepflicht zu bewerten ist", erläuterte Kopp. Ein Arbeitnehmer im kirchlichen Dienst, der sich zu diesem Schritt entschließe, bringe seine fundamentale Abwendung von der Kirche zum Ausdruck, zerstöre die notwendige Vertrauensgrundlage für eine Zusammenarbeit und stelle damit seine Eignung in der täglichen Arbeit grundlegend in Frage. Auch der Vertreter des Caritasverbandes, Roman Nitsch, zeigte sich erfreut über den Richterspruch.
Zuvor hatte auch schon das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in Mannheim die Entlassung des heute 60-jährigen Sozialpädagogen als rechtmäßig bezeichnet und auf das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen verwiesen. Der beim Mannheimer Caritasverband beschäftigte Sozialpädagoge hatte seinen Kirchenaustritt damit begründet, dass er von seinem Grundrecht auf Gewissensfreiheit Gebrauch gemacht habe. Er könne unter anderem wegen der Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen und den Vorgängen um die erzkonservative Piusbruderschaft nicht länger in der Kirche bleiben. Zudem wirke sich sein Kirchenaustritt nicht auf die konkrete Arbeit in der Betreuung von Schulkindern aus. Der 60-Jährige stand seit 1992 in Diensten des katholischen Wohlfahrtsverbands, eine sogenannte ordentliche Kündigung war nach den Richtlinien des Deutschen Caritasverbands deshalb nicht mehr möglich.
Das durch das Grundgesetz gedeckte kircheneigene Arbeitsrecht war zuletzt mehrfach von Gerichten überprüft und auch im Bundestag debattiert worden. Im November hatte das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass Streiks in kirchlichen Betrieben unter stark eingeschränkten Bedingungen erlaubt sein können. Grundsätzlich stärkten die Richter aber das kirchliche Arbeitsrecht.