Bundestagspräsident Norbert Lammert sagte zu Beginn, ohne die Bürgerrechtsbewegung, die daraus entstandenen Volksbewegungen und ohne die friedlichen Massendemonstrationen hätte es den 9. November 1989 nicht gegeben. Innerhalb weniger Monate habe sich auch die politische Landschaft Europas grundlegend neu gestaltet, betonte Lammert am Freitag im Bundestag. Der Fall der Mauer sei ein Glücksfall der deutschen Geschichte gewesen.
Allerdings folge ein "glücklicher Ausgang" einer Revolution keiner Regel und schon gar keinem Terminkalender, erklärte Lammert mit Blick auf die Unruhen in der Ukraine. "Ein Wunder war der Mauerfall aber nicht, sondern die Folge einer nicht nur in der deutschen Geschichte beispiellosen friedlichen Revolution."
Ärger wegen Biermann
Auf Einladung von Lammert war der 1976 aus der DDR ausgebürgerte Liedermacher Wolf Biermann zu der Gedenkstunde gekommen. Sein Auftritt sorgte vorher für Ärger, weil sich die Linke als SED-Nachfolgepartei immer wieder von Biermann kritisiert fühlt. Biermann war wegen kritischer Gedichte und Lieder ausgebürgert worden.
Der 1976 aus der DDR ausgebürgerte Liedermacher Wolf Biermann hat in der Gedenkstunde des Bundestages die Linke scharf attackiert. Die Abgeordneten der Linkspartei seien "der elende Rest dessen, was zum Glück überwunden wurde", sagte der 77-Jährige.
Ein Sänger als "Drachentöter"
Er sei von dem "Ironiker" Lammert eingeladen worden, um der Linken ein paar Ohrfeigen zu verpassen. "Aber das kann ich nicht, ich war ja Drachentöter. (...) Ein Drachentöter kann nicht mit großer Gebärde die Reste der Drachenbrut tapfer niederschlagen."
Lammert sagte zu Biermanns ungewöhnlichem Auftritt mit einem Hinweis auf die Geschäftsordnung: "Sobald Sie für den Bundestag kandidieren und gewählt werden, können Sie auch reden. Jetzt sind sie hier, um zu singen." Biermann entgegnete: "Das Reden habe ich mir in der DDR nicht abgewöhnt und werde das hier schon gar nicht tun." An die Adresse der Linken sagte er: "Ihr seid dazu verurteilt, das hier zu ertragen. Ich gönne es Euch."
Festwochenende mit Bürgerfest
An den Fall der Berliner Mauer wird in der Hauptstadt in den nächsten zwei Tagen mit einem Festwochenende erinnert. Höhepunkte sind eine Feierstunde in der Gedenkstätte Bernauer Straße, ein Bürgerfest am Brandenburger Tor und ein Festakt des Landes Berlin. Bis zur überraschenden Öffnung am 9. November 1989 kamen an der Berliner Mauer mindestens 136 Menschen durch das DDR-Grenzregime zu Tode.