Erklärung des wiedergewählten Ettaler Abts Barnabas Bögle

"Nichts darf vertuscht werden"

Das oberbayerische Kloster Ettal hat am 11. Juli Abt Barnabas Bögle (53) wieder ins Amt gewählt. Er war Ende Februar im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal zurückgetreten. Das Erzbistum München-Freising hatte ihm vorgeworfen, 2005 einen Verdachtsfall nicht pflichtgemäß gemeldet zu haben. Die im März erfolgte Apostolische Visitation kam zu einem anderen Ergebnis. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) dokumentiert in Auszügen die Erklärung des wiedergewählten Abtes vom 12. Juli 2010:

 (DR)

«(...) Die Wiederherstellung der regulären Klosterleitung ist uns nicht nur ein Anlass zur Freude, sondern vor allem Verpflichtung, mit der notwendigen Transparenz und Entschiedenheit die Aufklärung und Aufarbeitung der Vorkommnisse voranzutreiben. Es müssen hier die Grundsätze gelten, denen sich auch die Deutsche Bischofskonferenz verpflichtet weiß: Entschiedene Aufklärung, Hilfe für die Opfer, Sicherstellung, dass künftig keine jungen Menschen mehr gefährdet werden.

Was die Aufklärung betrifft, haben sich inzwischen bei verschiedenen Stellen Opfer gemeldet. Dafür war die große öffentliche Aufmerksamkeit hilfreich, die es Opfern nach Jahren des Schweigens ermöglicht hat, sich zu äußern. Dabei ist naturgemäß die Betroffenheit sehr unterschiedlich und auch die Erwartung an uns.

Vielen ist es vor allem ein Bedürfnis, mit uns zu sprechen, unser Verständnis zu erleben und unsere Bitte um Entschuldigung für ihr großes Leid zu hören. In den vergangenen Monaten hat es zahlreiche solche Gespräche gegeben. Dazu stehen wir auch weiterhin und jetzt mit erneuerter Kraft zur Verfügung.

Es gibt aber auch Opfer, die zusätzliche Hilfe benötigen und erbitten, vor allem da, wo es um Therapie von durch den Missbrauch erlittenen psychischen Störungen geht. Zwar besteht hier in den meisten Fällen wegen Verjährung kein Rechtsanspruch, aber es gibt eine moralische Verpflichtung. Der wollen wir selbstverständlich gerecht werden. Jeder wird allerdings verstehen, dass das nicht einfach ist. Zu dieser Frage will sich der «Runde Tisch» der Bundesregierung äußern und dann auch die Deutsche Bischofskonferenz.
Ein Alleingang von Ettal wäre da sicherlich kontraproduktiv.

Dennoch haben wir in Einzelfällen schon begonnen zu helfen und stehen mit Opfern und Opferschutzverbänden über einen angemessenen Umgang mit dieser Frage weiter in intensivem Kontakt. Es wurde inzwischen eine Opferhilfestelle eingerichtet. Ein Entscheiderkreis aus vier nicht dem Kloster angehörigen Fachleuten und drei Mönchen befindet über die Anträge der Opfer. Für den Täter-Opfer-Ausgleich dient die «Nothilfe Brigitta Wolf e.V.» als unparteiischer, aber sachkundiger Vermittler zwischen dem Opfer und dem Kloster. Ich habe veranlasst, dass in Kürze ein Zwischenbericht über die von Kloster Ettal ergriffenen und geplanten Maßnahmen veröffentlicht wird.

Wir müssen jedenfalls diese Bemühungen weiter ernsthaft und entschlossen vorantreiben. Dennoch haben wir uns damit abzufinden, dass es Opfer gibt, deren Verbitterung und Wut so groß sind, dass, was immer wir tun, Ihnen nicht reichen wird. Das kann man aus der besonderen Situation verstehen und auch das haben wir zu respektieren. Trotzdem werden wir die Hoffnung nicht aufgeben, auch mit diesen Menschen irgendwann in ein Gespräch zu kommen, das Leiden lindert und Wunden heilt.

Aber auch klosterintern muss eine angemessene Aufarbeitung erfolgen und es müssen die seitdem ergriffenen Maßnahmen immer wieder auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. Wir brauchen Transparenz. Nichts darf vertuscht werden und es darf kein Wegschauen geben. Dafür werde ich mich entschieden einsetzen.

(...) Besonders habe ich mich darüber gefreut, dass - wie im Schreiben von Kardinal Rode zu entnehmen war, - Erzbischof Dr.
Reinhard Marx und Generalvikar Dr. Beer «weder gegen Abt Barnabas noch gegen Prior Maurus persönliche Bedenken haben und sich vorstellen können, dass diese wieder in ihre Ämter gelangen». Jahrhundertelang hat es eine respektvolle Zusammenarbeit zwischen Bistum und Kloster gegeben. Daran hat das Kloster immer festgehalten und das gilt selbstverständlich auch für die Zukunft.

Unsere Liebe Frau von Ettal möge uns alle segnen.

Ettal, den 12. Juli 2010

Abt Barnabas Bögle

38. Abt des Klosters Ettal"