Erkrankter Berliner Kardinal Sterzinsky wird 75

Nach kräftezehrenden Jahren in der Klinik

Es ist ein Geburtstag, wie ihn sich keiner wünscht. Nach zwei Operationen liegt der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky an seinem 75. Geburtstag im Krankenhaus. Sein Gesundheitszustand hat sich nicht verbessert. Generalvikar Ronald Rother rief erneut zum Gebet für den Kardinal auf.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
 (DR)

Er bezeichnete es als nicht möglich, Sterzinsky an seinem Geburtstag Genesungswünsche persönlich zu überbringen. Das Erzbistum sagte bereits seine Geburtsfeier für ihn vorerst ab.



Antwort auf vorgeschriebenes Rücktrittsgesuch noch offen

Das für die Bischöfe mit Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren vorgeschriebene Rücktrittsgesuch beim Papst hatte Sterzinsky bereits eingereicht. Wie Bistumssprecher Stefan Förner auf Anfrage angab, wird an diesem Mittwoch voraussichtlich noch nicht bekannt gegeben, ob Benedikt XVI. das Gesuch angenommen hat. Damit ist noch unsicher, ob Sterzinsky das Kirchenoberhaupt im September bei dessen Deutschlandbesuch in Berlin als Ortsbischof begrüßen wird. Noch im Januar hatte der Erzbischof angedeutet, dass er wegen des Papstbesuches trotz seiner gesundheitlichen Probleme bis zur Papstvisite in die Verlängerung gehen würde.



Chancen und Probleme der Wiedervereinigung

Nur wenige Wochen vor dem Fall der Mauer wurde er 1989 Nachfolger des nach Köln berufenen Kardinals Joachim Meisner an der Spitze des geteilten Bistums Berlin. Es folgten über 20 kräftezehrende Jahre. Als Berliner Erzbischof war Sterzinsky in den ersten Jahren seiner Amtszeit wie kein anderer seiner Amtsbrüder mit den Chancen und Problemen der Wiedervereinigung konfrontiert. Das Ende der DDR ermöglichte es ihm, die - kirchenrechtlich nie getrennten - rund 400.000 Katholiken in Berlin, Brandenburg und Vorpommern auch tatsächlich wieder zusammenzuführen.



Sterzinskys größte Herausforderung war die desolate Haushaltslage der 1994 zum Erzbistum erhobenen Diözese, die auch eine Folge der teilungsbedingten Doppelstrukturen in der Kirchenverwaltung war. Als die Finanzmisere zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts in aller Schärfe offenbar wurde, leitete er eine durchgreifende Strukturreform ein. Gemeinden wurden zusammengelegt, Kirchengebäude verkauft, Angestellte entlassen. Die Maßnahmen griffen, und die Verbindlichkeiten wurden von anfangs 104 Millionen Euro - auch mit Hilfe der anderen deutschen Bistümer - erheblich reduziert.



Sterzinsky wirbt für die Rechte von Asylsuchenden

Über das Erzbistum hinaus machte sich Sterzinsky nicht nur durch den Sanierungskurs einen Namen. In der Deutschen Bischofskonferenz leitet er die Kommission für Ehe und Familie sowie die Unterkommission "Frauen in Kirche und Gesellschaft". Zudem ist er stellvertretender Vorsitzender der Migrationskommission. Besonders zu diesen Fragen meldet er sich in der gesellschaftlichen Debatte zu Wort, wirbt für eine bessere Familienförderung und die Rechte von Asylsuchenden und Flüchtlingen. Im Rahmen des Volksbegehrens "Pro Reli" warb er - allerdings vergeblich - für eine Aufwertung des Religionsunterrichts in Berlin. Und das im Schulterschluss mit der Evangelischen Kirche. Und so erinnert der evangelische Landesbischof Markus Dröge in seinen Genesungswünschen an die vertrauensvolle Zusammenarbeit unter anderem für den Sonntagsschutz.



Das Verhältnis zu Polen liegt dem gebürtigen Ostpreußen ebenfalls am Herzen. Immer wieder tritt er für die deutsch-polnische Versöhnung ein. Bei diesem Thema kann er aus persönlicher Betroffenheit sprechen. Als Zehnjähriger musste er seine Heimat verlassen und wuchs in Thüringen auf. Nach Theologiestudium und Priesterweihe in Erfurt war er unter anderem Seelsorger in Eisenach, Heiligenstadt und Jena, bevor ihn der Erfurter Bischof Joachim Wanke 1981 zu seinem Generalvikar berief.



"Deus semper maior"

Sterzinskys Verdienste erfuhren auch hohe staatliche und kirchliche Anerkennung. Im Jahr 2000 erhielt er das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband, die zweithöchste Auszeichnung der Bundesrepublik. Bereits 1991 berief Papst Johannes Paul II. ihn ins Kardinalskollegium.



Dabei ist Sterzinsky eher ein Mann der leisen Töne geblieben. Er meidet Auftritte in Talkshows, sucht lieber das persönliche Gespräch - auch gemäß seinem Leitwort "Deus semper maior - Gott ist immer größer".