"In Gesellschaften mit großer Religiosität können Menschen Schicksalsschläge mitunter leichter akzeptieren als wir. Wer den Sinn des Lebens woanders findet als im Erfolg, kann mit Krisen häufig gelassener umgehen", sagte die Professorin für Klinische Psychologie und Neuropsychologie an der Universität Mainz in einem "Spiegel"-Interview (Samstag).
Herausforderungen und Erfahrungen stärken für künftige Katastrophen
So spiele es in der Therapie posttraumatischer Belastungsstörungen eine große Rolle, wie gut jemand es schaffe, das Erlebte als Teil seines Lebens zu akzeptieren und nicht dagegen anzukämpfen. "Warum hat das Virus ausgerechnet meinen Partner aus dem Leben gerissen? Warum habe ich meinen Job verloren und meine Nachbarin nicht? Solche Fragen helfen nicht weiter", so die 45-Jährige.
Jede Herausforderung und vor allem die Erfahrung, sie bewältigen zu können, immunisiere gegen zukünftige Katastrophen. "Aber niemand muss im Krisenmodus besser werden. Solches Optimierungsdenken lehne ich ab. Wir Menschen sind kein Dax-Konzern", sagte Wessa. "Es ist auch okay, niedergeschlagen zu sein. In einem Jahr wie diesem gibt es genug Grund dazu", so die Forscherin am Leibniz-Institut für Resilienzforschung die mentale Widerstandskraft von Menschen.