Erneut Hunderte Gräber bei Schule für Indigene in Kanada gefunden

Ob es Schüler sind muss geprüft werden

Im Südwesten Kanadas sind erneut unmarkierte Gräber nahe einer ehemaligen Schule für indigene Kinder gefunden worden. 

Erinnerung an das erlittene Unrecht von indigenen Kindern in Kanada in Ottawa am 1. Juni 2021 / © Dissous limage (shutterstock)
Erinnerung an das erlittene Unrecht von indigenen Kindern in Kanada in Ottawa am 1. Juni 2021 / © Dissous limage ( shutterstock )

Ob es sich bei den Toten um Schüler des früheren Internats St. Eugene nahe der Stadt Cranbrook handle, müsse aufgrund der komplexen Geschichte des Orts aber noch geprüft werden, teilte die örtliche indigene Gemeinschaft am 1. Juli mit. 

Erst Ende Mai waren bei einem früheren Internat für Indigene im Westen Kanadas Überreste von mehr als 200 Kinderleichen gefunden worden. Wenige Wochen später wurden bei einer ähnlichen Einrichtung im Zentrum des Landes rund 750 unmarkierte Gräber gefunden. Beide Internate waren lange von der katholischen Kirche betrieben worden. UN-Menschenrechtsexperten hatten von der Regierung Kanadas und dem Vatikan umfassende Aufklärung gefordert. Premierminister Justin Trudeau hatte den Papst aufgefordert, nach Kanada zu kommen und sich zu entschuldigen.

Bislang seien auf dem Gelände nördlich von Cranbrook, auf dem sich auch ein Friedhof der Indigenen befindet, 182 unmarkierte Gräber entdeckt worden. Einige davon seien nur knapp einen Meter tief. Es sei "eine zutiefst verstörende und schmerzhafte Erfahrung" für die gesamte Gemeinschaft gewesen, hieß es. Mithilfe von Bodenradargeräten sollten nun so viele Gräber wie möglich gefunden und gekennzeichnet werden, "damit keine Seele wirklich vergessen wird".

Das Internat in der Provinz British Columbia war nach Angaben der Gemeinschaft von 1912 bis 1970 in Betrieb. Auf dem Friedhof seien auch Patienten des Krankenhauses St. Eugene begraben worden, das 1899 abbrannte, hieß es. Gräber der Indigenen seien traditionell mit Holzkreuzen gekennzeichnet worden, die mit den Jahren verfallen oder verbrannt sein könnten.

In den «residential schools» waren vom 17. Jahrhundert bis in die 1990er Jahre von ihren Familien entrissene indigene Kinder untergebracht. Sie mussten dort die Traditionen der europäischen Kolonialisten lernen, um ihre eigenen Sprachen und Kulturen zu vergessen. Gewalt und sexueller Missbrauch gehörten zur Tagesordnung.

Nach dem Fund der Gräber ordnete Trudeau am 1. Juli an, die Landesfahne am Parlament auch am Nationalfeiertag des Landes am 2. Juli weiter auf halbmast wehen zu lassen.

Quelle:
dpa