Kinder lernen durch das Erntedankfest die Schöpfung kennen

Erntedank im ganzen Jahr

Das Erntedankfest könnte heutzutage ein Comeback erleben, denn der Fokus auf Klima und Schöpfung ist derzeit allgegenwärtig. Die Journalistin Christine Schniedermann sieht in dem Fest viel Lehrreiches, vor allem für Kinder.

Erntedankfest in der Kirche / © Harald Oppitz (KNA)
Erntedankfest in der Kirche / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Inwiefern ist Erntedank ein gutes Fest, um Kindern unsere Schöpfung näher zu bringen?

Christine Schniedermann (Autorin, Journalistin und Mutter): Wenn wir davon ausgehen, dass es noch etwas Größeres als uns selbst und die Welt gibt, dann kann man das den Kindern mit einem Blick in die Natur wirklich sehr schön zeigen.

Und wenn man es ein bisschen frühzeitiger im Blick hat, kann man Kindern vielleicht die Apfelblüte im Frühjahr zeigen und darauf hinweisen, wie die Äpfel am Baum wachsen und dann im Herbst einen Apfel hernehmen und ihn sich genauer anschauen. Er ist durch Sonne und durch Regen gewachsen. Und das liegt alles nicht in Menschenhand. Das kann man auch Kindern sehr schön nahebringen.

DOMRADIO.DE: Das zeigt auch, dass Erntedank nicht einfach nur ein Stichtag ist, sondern dass Erntedank eigentlich etwas ist, was man das ganze Jahr feiern könnte, oder?

Schniedermann: Ja, ich finde auch, dass es nicht an einem Datum festgemacht werden müsste, zumal es ohnehin verschiedene Daten gibt. Also die evangelische Kirche datiert es auch etwas anders als die katholische. Ich weiß, dass es aus dem Judentum auch Feste zum Thema Ernte gab, die dann aber im Frühjahr stattfinden, wenn sozusagen die ersten Beeren reif sind. Man kann das Thema tatsächlich das ganze Jahr über ansprechen.

DOMRADIO.DE: Was kann man denn mit den Kindern tun, um dieses Fest zu feiern?

Schniedermann: Mit Kindergarten- und Grundschulkindern finde ich es im Herbst immer total toll mit offenen Augen durch den Wald zu gehen. Dort gibt es vielleicht Pilze, vielleicht finden wir sogar einen Fliegenpilz. Es gibt Eicheln und Bucheckern. Und am Ende kann man damit tolle Herbstbilder zu Hause basteln. Natürlich auch das klassische Pressen der Blätter.

Wenn man in die Natur rausgeht und mal einen bewussten Spaziergang macht und daraus danach sogar noch eine Bastelstunde entsteht, finde ich die Verbindung für Kinder sehr greifbar und sehr nachvollziehbar.

DOMRADIO.DE: Welche geschichtliche Bedeutung hat denn Erntedank, wenn wir mal zurückgucken?

Schniedermann: Es ist ja nicht ganz klar, wann, wie und wo Erntedankfeste zum Ersten Mal auftraten. Was ich sehr bemerkenswert finde, ist, dass es in allen Religionen, in allen Gegenden der Welt immer wieder Dankesfeiern gab.

Die alten Ägypter haben ihren Fruchtbarkeitsgöttern gedankt. Das scheint den Menschen immer schon wichtig gewesen zu sein, jemandem oder einer höheren Instanz oder der Natur für die Ernte Danke zu sagen. Denn sie war vor der Industrialisierung tatsächlich sehr existenziell. Nur eine gute Ernte sicherte das Überleben der Menschen und die Wichtigkeit wurde schon vor Jahrhunderten, Jahrtausenden unterstrichen.

DOMRADIO.DE: Das hat sich jetzt ein bisschen geändert.

Schniedermann: In der Tat. Das hat sich geändert. Dadurch sind, glaube ich, auch die größeren Erntedankfeste weniger geworden. Die gab es zum Beispiel noch im Mittelalter, wo die Bauern dem Gutsherrn die Ernte gebracht haben und das dann riesig gefeiert wurde. Das ist tatsächlich alles ein bisschen weniger geworden, denn wir gehen in den Supermarkt und kaufen das Obst dort.

Aber gerade vor dem Hintergrund der Klimakrise finde ich es wirklich gut und wichtig, den Kindern klar zu machen: Woher kommt unser Essen? Verschwenden wir es nicht, gehen wir sorgsam damit um und überlegen uns auch, ob wir Kirschen aus Neuseeland wirklich im Februar schon brauchen oder ob wir uns nicht einfach regional und saisonal mit dem Essen beschäftigen.

DOMRADIO.DE: Wie wichtig ist das Erntedankfest heute für uns noch?

Schniedermann: Wahrscheinlich war es im vorherigen Jahrhundert tatsächlich wichtiger, aber ich finde, es sollte wieder wichtiger werden. Meine Kinder haben schon sehr gute Sensoren dafür, wie wir mit der Umwelt und eben auch mit der Schöpfung umgehen.

Ich finde, das kann man Kindern auch früh transportieren. Und ich finde auch, dass sich dann die Erwachsenen wieder mehr damit beschäftigen sollten. Was konsumieren wir eigentlich und wo können wir wirklich besser achtgeben?

Das Interview führte Dagmar Peters.


Quelle:
DR