Erste gemeinsame Bibel-Koran-Lesungen bei Papstbesuch

"Geeinter an die gesamte menschliche Gemeinschaft richten"

Auf außergewöhnliche Weise hat Papst Franziskus sein Reiseprogramm in Bahrain fortgesetzt: Am Freitagnachmittag traf er mit dem Ältestenrat der Muslime vor der Moschee des Königspalastes in Awali zusammen - mit versöhnlichen Gesten.

Papst in Bahrain / © Alessandra Tarantino/AP (dpa)
Papst in Bahrain / © Alessandra Tarantino/AP ( dpa )

Erstmals bei einem Treffen von Islam-Vertretern und einem Papst wurden dabei Texte aus Bibel und Koran gemeinsam vorgetragen.

Papst Franziskus sprach sich zu diesem Anlass für eine intensivere Annäherung der Religionen aus. Insbesondere Islam und Christentum müssten gemeinsam daran arbeiten, Vorurteile und Missverständnisse aus der Vergangenheit zu überwinden. In einer vereinten und globalisierten Welt reiche es nicht mehr aus, sich auf die eigene Religion zu beschränken. "Wir müssen uns immer geeinter an die gesamte menschliche Gemeinschaft richten", so der Papst.

Muslim Council of Elders

Der Muslim Council of Elders - Muslimischer Ältestenrat - ist ein internationales Gremium einflussreicher Islamgelehrter. Gegründet 2014 mit Sitz in Abu Dhabi, versteht sich der Rat als "erste institutionelle Körperschaft, welche die islamische Nation zusammenbringen soll". Hintergrund seiner Entstehung waren die schweren Konflikte zwischen Sunniten und Schiiten und der mörderische Terror durch die Miliz "Islamischer Staat" im Nahen Osten sowie andere extremistische Gruppen in der islamischen Welt.

Ahmad al-Tayyeb (Ahmed al-Tayyib), Großscheich der al-Azhar-Universität, und Papst Franziskus bei einem Treffen mit dem "Muslim Council of Elders" am 4. Februar 2019 in Abu Dhabi. / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Ahmad al-Tayyeb (Ahmed al-Tayyib), Großscheich der al-Azhar-Universität, und Papst Franziskus bei einem Treffen mit dem "Muslim Council of Elders" am 4. Februar 2019 in Abu Dhabi. / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Erklärung zu "Nostra aetate"

Er zitierte auch aus der Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen. Mit dem fast 60 Jahre alten Dokument "Nostra aetate" (1965) öffnete sich die katholische Kirche dem interreligiösen Dialog. Die Glaubensgemeinschaften müssten sich "aufrichtig um gegenseitiges Verstehen bemühen und gemeinsam eintreten für Schutz und Förderung sozialer Gerechtigkeit" sowie für "Frieden und Freiheit für alle Menschen", so Franziskus. Die "bescheidenen und wirksamen Waffen" der Religionen seien Gebet und Geschwisterlichkeit.

Den Ältestenrat, ein internationales Gremium einflussreicher Islamgelehrter, lobte Franziskus für den Einsatz gegen Extremismus und Gewalt. Das überwiegend aus sunnitischen Gelehrten bestehende Komitee entstand 2014 vor dem Hintergrund schweren Konflikte zwischen Sunniten und Schiiten und dem Terror durch die Miliz "Islamischer Staat" sowie anderer extremistische Gruppen in der islamischen Welt.

Initiator und Leiter des Rates ist der Großimam der Kairoer Al-Azhar-Universität, Ahmed al-Tayyeb. Dieser ging, wie zuvor der im Vatikan für interreligiösen Dialog zuständige Kardinal Miguel Angel Ayuso Guixot, besonders auf den Klimawandel ein. Diese katastrophale Krise sei dadurch verursacht, dass sich der Mensch von den Beschränkungen durch Religion und Moral befreit habe, so der Großscheich.

Westen im Blick

Wie schon am Freitagmorgen nahm er bei den gegenwärtigen Krisen besonders den Westen in den Blick. Selbst in den konservativen Gesellschaften dort gebe es heute "Abweichungen wie die Verbreitung von Homosexualität und drittem Geschlecht"; all dies "unter dem Vorwand von 'Freiheit' und 'Menschenrechten'". Diese Freiheit sei es aber, die Chaos, moralische Zerstörung und eine Zerstörung der inneren Struktur des Menschen hervorbringe, so al-Tayyeb.

Weiter verurteilte er eine Zurückhaltung der großen Industrienationen bei der Finanzierung zur Bewältigung der Klimakrise. Er forderte alle Religionsvertreter auf, ihre Stimme zu erheben und die Verantwortlichen zum Handeln aufzurufen. Abschließend rief er dazu auf, den islamisch-christlichen interreligiösen Dialog fortzusetzen und ihn für alle Menschen zu öffnen.

Mit dem Moscheebesuch ist der muslimisch geprägte Teil des Papstbesuchs in Bahrain weitgehend abgeschlossen. Am Abend nimmt Franziskus an einem Friedensgebet in der katholischen Kathedrale des Landes teil. Am Samstag folgen eine Messe im Nationalstadion sowie eine Begegnung mit Jugendlichen in einer katholischen Schule.

Quelle:
KNA
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