Erstes Buch über die Geschichte schwarzer Nonnen erschienen

Amerikas vergessene Freiheitskämpferinnen

Schwester Mary Clarence, gespielt von Whoopi Goldberg in "Sister Act", war die einzige schwarze Ordensfrau, die die Historikerin Shannen Dee Williams kannte. Dann hat sie sich auf Spurensuche begeben.

Autor/in:
Christiane Laudage
Foto von Schwester Thea Bowman, von den Franziskanerinnen der Ewigen Anbetung, auf einem Bildschirm / © Tyler Orsburn (KNA)
Foto von Schwester Thea Bowman, von den Franziskanerinnen der Ewigen Anbetung, auf einem Bildschirm / © Tyler Orsburn ( KNA )

Shannen Dee Williams kann sich noch gut an den Moment erinnern, der ihr Leben veränderte. 2007 guckte sie durch Mikrofilme und sah - eine schwarze Nonne. Obwohl selbst schwarz und katholisch, wusste sie nach eigenem Bekunden nicht, dass es wirklich schwarze Ordensfrauen gab. Abends rief sie ihre Mutter an, die ebenfalls im katholischen Schulsystem groß geworden war, um die Neuigkeit zu teilen. Auch ihre Mutter war überrascht.

15 Jahre später - mittlerweile als Professorin für afroamerikanische Geschichte an der Universität von Dayton (Ohio) - hat Williams ihr Buch "Subversive Habits" veröffentlicht: eine Geschichte der Ordensfrauen aus der afroamerikanischen Gemeinschaft in den Vereinigten Staaten. Dafür hat sie 150 Zeitzeuginnenspräche geführt und 100 Seiten Fußnoten beigefügt. Außerdem zahlreiche Bilder schwarzer Schwestern, denn, so Williams, viele Menschen in den USA wüssten tatsächlich nicht um deren Existenz. Sie wurden aus der Geschichte herausgeschrieben.

Hilfe, Bildung und Glaube

Die Schwestern waren und sind für ihre afroamerikanische Gemeinschaft unverzichtbar: Sie kümmern sich um die Menschen, sorgen für Bildung und geben den Glauben weiter. Williams charakterisiert sie als Freiheitskämpferinnen, da sie sich für die Rechte ihrer Community einsetzen - in der Kirche und der Gesellschaft.

Die Versklavung afroamerikanischer Menschen gilt als die Ursünde der USA, denn die Folgen sind bis heute spürbar. Williams entfaltet die Geschichte der schwarzen Ordensschwestern in einer Welt, die von dem Gedanken der Überlegenheit der weißen Rasse geprägt war und ist.

Schüler stehen hinter einem Foto von Schwester Thea Bowman, von den Franziskanerinnen der Ewigen Anbetung / © Tyler Orsburn (KNA)
Schüler stehen hinter einem Foto von Schwester Thea Bowman, von den Franziskanerinnen der Ewigen Anbetung / © Tyler Orsburn ( KNA )

Rassismus hat Ordensfrauen erschöpft

Die Nonnen haben dafür gekämpft, ein gleichberechtigter Teil der Kirche zu sein, deswegen gaben auch viele von ihnen nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) ihr traditionelles Ordenskleid nicht auf. Der Weg dahin war einfach zu schwer gewesen - als erste oder einige der wenigen schwarzen Nonnen in einem "weißen" Orden.

Banner mit der Abbildung von Pater Augustus Tolton, bei einem Gottesdienst in New York / © Gregory A. Shemitz (KNA)
Banner mit der Abbildung von Pater Augustus Tolton, bei einem Gottesdienst in New York / © Gregory A. Shemitz ( KNA )

Der andauernde Kampf gegen alltäglichen Rassismus hat viele Ordensfrauen erschöpft, sie krank gemacht oder sie früh sterben lassen, darauf weist Williams hin. Als ein Beispiel nennt sie Schwester Thea Bowman (1937-1990) und verweist auch auf Augustus Tolton (1854-1897), der als erster schwarzer Priester in den USA gilt. Er wurde in Rom ausgebildet und geweiht, da ihn in seiner Heimat kein Seminar aufnahm.

Erste afroamerikanische Ordensgemeinschaft

Für Bowman wie auch für Tolton läuft ein Seligsprechungsverfahren. Während es bereits mehrere Heilige und Selige aus den USA gibt, sind entsprechende Verfahren für Kandidaten aus der afroamerikanischen Gemeinschaft bislang noch nicht abgeschlossen.

Zu diesen zählt auch das von Mary Elizabeth Lange (um 1784-1882), die in Baltimore die erste afroamerikanische Ordensgemeinschaft in den USA gründete. Lange war die erste Äbtissin. Oder das von Henriette Delille (1813-1862), die 1842 die "Schwestern von der Heiligen Familie" gründete, zweitältester Orden für schwarze Frauen. Sie widmete sich den religiösen Bedürfnissen versklavter Menschen - zu einer Zeit, als das verboten war.

Frauenorden nahmen in der Regel keine schwarzen Frauen auf

Die Historikerin Williams erklärt die Gründung gerade schwarzer Ordensgemeinschaften mit den Aufnahmebedingungen: Von den Gründungsjahren der USA und bis ins 20. Jahrhundert nahmen die Frauenorden in der Regel keine schwarzen Frauen auf.

Schwester Mary Antona Ebo (1924-2017), die auch auf dem Cover des Buches zu sehen ist, nahm an dem legendären Marsch für Bürgerrechte mit Martin Luther King Jr. im März 1965 in Selma (Alabama) teil. Sie sei hier, weil sie schwarz, Nonne und Katholikin sei "und weil ich Zeugnis ablegen will". Ein Foto von ihr mit diesem Zitat ging damals durch die nationale Presse.

Gibt es erste Fortschritte?

Nach diesem Legende gewordenen Ereignis hätten sich auch weitere weiße Nonnen für die Bürgerrechte der afroamerikanischen Gemeinschaft eingesetzt, aber faktisch, so stellt die Historikerin fest, waren gerade die weißen US-Nonnen darin geübt, Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe zu diskriminieren.

Shannen Dee Williams sieht trotz allem erste Fortschritte. Eine wachsende Zahl von katholischen Institutionen und Ordensgemeinschaften stellt sich der Vergangenheit, ob sie nun aktiven Rassismus oder sogar Teilhabe an der Sklaverei beinhaltete.

Quelle:
KNA