Erzbischof Marx mit Oster-Appell an Kirche

"Müssen uns neu aufstellen"

Vor einem Verharren in alten Strukturen, "die nicht zukunftsfähig sind und erst recht kein Signal zum Aufbruch vermitteln", hat der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, vor den Ostertagen gewarnt. Gleichzeitig stimmte er die Gläubigen auf die Festtage ein: "Lasst Euch wieder neu auf die Größe und Schönheit des christlichen Glaubens ein."

 (DR)

In einer Welt, die weithin von Strukturen des Produktiven bestimmt sei und für alle Probleme nach technischen Lösungen rufe, müsse wieder bewusst werden, dass die Welt des Glaubens andere Strukturen habe. "Das Wichtigste können wir nicht machen, sondern müssen wir uns schenken lassen", sagte der Erzbischof bei der Missa chrismatis am Abend des 19. März im Münchner Liebfrauendom.

Die österlichen Tage bezeichnete Marx als "großen Lernort des Glaubens". Die Menschen könnten neu lernen, Christen zu sein, "sich beschenken zu lassen, sich Christus geben zu lassen". Die für die Spendung der Sakramente der Taufe, Firmung, Krankensalbung und Priesterweihe benötigten kostbaren Öle, die in der Missa chrismatis geweiht werden, seien ein Zeichen dafür, dass das Heil der Menschen nur von Gott kommen könne. Der Erzbischof empfahl den Gläubigen, "hungrig und durstig nach den Gaben Gottes zu sein". Von der Liebe Gottes könne man nie genug bekommen. Alles, was den Menschen im guten Sinn verwandle, komme aus dieser Welt des Glaubens.

"Wer glaubt, ist auch im Leiden nicht allein"
Wenn in der Taufe der Christ mit heiligem Öl gesalbt werde, mit dem früher Kaiser und Könige gesalbt worden seien, bringe das gegenüber dem getauften Menschen zum Ausdruck: "Es ist wunderbar, dass du da bist. Du bist schön. Und du wirst gebraucht." Gerade in der Osternacht, in der in der Frühzeit des Christentums allein die Taufe gespendet wurde, sollten sich die Christen heute neu über das Geschenk der Taufe freuen und sich wieder sagen: "Gut, dass ich Christ sein darf. Danke, dass ich getauft bin." In der Krankensalbung werde die Zuwendung Gottes in der Stunde menschlicher Grenzerfahrung" erfahrbar. Gott stehe den Menschen auch in Leid, Angst und Not bei und verlasse sie nicht. "Wer glaubt, ist auch im Leiden nicht allein", sagte der Erzbischof.

Der Erzbischof feierte die Missa chrismatis in Konzelebration mit seinem Amtsvorgänger Kardinal Friedrich Wetter, den Weihbischöfen und den Dekanen des Erzbistums. Zu der festlichen Eucharistiefeier waren Priester und Gläubige aus allen Teilen der Erzdiözese gekommen, um anschließend die geweihten heiligen Öle für die Sakramentenspendung in die Pfarreien mitzunehmen. Die Priester erneuerten in feierlicher Form ihr Weiheversprechen gegenüber dem Bischof. Auch zahlreiche Jugendliche, die in diesem Jahr das Sakrament der Firmung empfangen werden, waren gekommen und wurden von Marx besonders herzlich begrüßt. Insgesamt nahmen mehr als 2.000 Menschen an dem Gottesdienst im Liebfrauendom teil.

Erzbischof Marx warnt Kirche vor Festhalten an überholten Strukturen
In einem am Donnerstag veröffentlichten Osterbrief an die in seinem Erzbistum tätigen Priester und Kirchenmitarbeiter warnt Marx die katholische Kirche vor einem Verharren in alten Strukturen, "die nicht zukunftsfähig sind und erst recht kein Signal zum Aufbruch vermitteln". In der Gesellschaft gebe es einem "epochalen Wandel" hin zu der persönlichen Freiheit und der Wahlmöglichkeit des Einzelnen. Die Kirche müsse sich deshalb "neu aufstellen".

Es gehöre zur Würde des Menschen, "auch seine Religion zu wählen und zu wechseln". Dies sei "nicht etwas Abzulehnendes", betonte der Erzbischof.

In so einer Situation komme es darauf an, "Kirche neu anziehend und einladend zu machen", fügte der Erzbischof hinzu. "Es muss erfahrbar werden: Wer glaubt, hat mehr vom Leben. Das ist eine ganz neue Herausforderung für die Kirche, die sie in unserem Land erst langsam versteht." Wer in der "scheinbaren christlichen Selbstverständlichkeit unserer Gesellschaft" steckenbleibe, könne "das Neue natürlich nur als eine Bedrohung und als eine Entwicklung zum Negativen hin" sehen. Er sei aber nicht dieser Ansicht.

(Quelle: Pressestelle Erzbistum München und Freising)