Erzbischof Reinhard Marx ruft Christen zum Engagement in der Wirtschaft auf

"Ursachen der Wirtschaftskrise beruhen im Menschenbild"

Die Ursachen der Wirtschaftskrise beruhen aus Sicht des katholischen Münchner Erzbischofs Reinhard Marx auf einem falschen Menschenbild. Die dem Kapitalismus zugrundeliegende Vorstellung vom "homo oeconomicus", der allein an seine eigenen Interessen denke, habe die Welt zum Schlechteren verändert, sagte Marx am Samstag beim Kongress Christlicher Führungskräfte in Düsseldorf. Erforderlich sei eine Neubegründung der Sozialen Marktwirtschaft aus dem Geist des Christentums.

 (DR)

Einer solchen Wirtschaftsordnung liegt nach den Worten von Marx ein biblisches Menschenbild zugrunde, das von der Sündhaftigkeit des Menschen ausgehe, aber auch seine positiven Möglichkeiten berücksichtige. Christen sollten sich in Unternehmen, Parteien und Organisationen engagieren und die Gesellschaft nach «biblischen Prinzipien» mitgestalten, appellierte der in der Deutschen Bischofskonferenz für soziale Fragen zuständige Erzbischof. Die Aufgabe der Christen sei es auch, an einem gerechteren Gesellschaftssystem mitarbeiten. Strukturen und Gesetze dürften nicht zur Sünde verführen, sondern sollten das Gute befördern. Marx: «Wenn nicht wir, wer sonst? Wenn nicht jetzt, wann dann?»

«Spirale mehr Staat weniger Selbstverantwortung umdrehen»
Die Rückbesinnung auf die Wurzeln der Sozialen Marktwirtschaft forderte der Präsident des Zentralverbandes des deutschen Handwerks, Otto Kentzler. Die sich immer schneller drehende Spirale von «mehr Staat und weniger Eigenverantwortung» müsse umgedreht werden, so Kentzler. Der staatliche Finanzschirm für die Banken sei zwar richtig gewesen, der Staat müsse aber aufpassen, dass er nicht in einen Strudel gerate, den er nicht mehr beherrsche.

Ein werteorientiertes Unternehmertum sei das Fundament für langfristigen Erfolg, betonte der Präsident des Zentralverbands und bekannte sich zur Vorrangstellung der Familie. Diese sei eine der wesentlichen Wurzeln der Sozialen Marktwirtschaft und eine maßgebliche Zelle der Gesellschaft, «und das muss sie auch bleiben». Zugleich kritisierte Kentzler die Deregulierung bei der Zulassung von Handwerksbetrieben ohne Meisterausbildung. «Wenn wir Werte vermitteln und Betriebe solide führen wollen, brauchen wir Menschen, die dafür qualifiziert sind», sagte er. Es nütze nichts, die Gründung von Betrieben zu ermöglichen, die nach einem halben Jahr wegen mangelnder Qualifikation der Chefs wieder vom Markt verschwunden seien.

«Werte-Hilfspaket nötig»
Die wirtschaftliche Rezession kann nach Meinung des Fernsehjournalisten Peter Hahne nur durch einen «geistigen Neuanfang» bekämpft werden. Nötig sei ein «Werte-Hilfspaket», sagte der stellvertretende Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios in Berlin, der auch dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angehört. Es dürften nicht nur «Produkte auf vier Rädern» gerettet werden.

Wichtig sei, die Zehn Gebote wieder zu beherzigen. Die Wirtschaftskrise sei auch eine Wertekrise; sowohl materielle als auch ideelle Werte würden verfallen. Christen sollten jedoch keine Weltuntergangsstimmung verbreiten, sondern eine «Ewigkeitsaufbruchsstimmung», appellierte Hahne und bekräftigte die Forderung nach einem verstärkten Engagement der Christen: «Runter von der Tribüne, rauf aufs Spielfeld.»