domradio.de: Die aktuellen Zahlen zum Hunger in der Welt können nicht zufrieden stellen, oder?
Erzbischof Schick: Nein, ganz und gar nicht, denn eigentlich sollte ja der Hunger halbiert sein, und es sollten viel weniger Menschen hungern. Leider Gottes ist das Ziel nicht erreicht worden, da muss die internationale Weltgemeinschaft sich auch eingestehen, dass sie versagt hat.
domradio.de: Eine große Schuld am Hunger tragen die bewaffneten Konflikte in Welt, was ist da zu tun?
Erzbischof Schick: Wir müssen feststellen, dass unsere Welt 12 Milliarden Menschen ernähren könnte, wir sind etwas mehr als sieben Milliarden. Dass so viele Menschen noch hungern müssen, ist also eigentlich nicht notwendig, und deshalb ist der Hunger in unserer Welt ein Skandal. Wir müssen jetzt sogar befürchten, dass der Hunger weiter zunimmt, zumindest in etlichen Regionen. Der Krieg ist immer Ursache für Hunger. Hunger verursacht auch Krieg, weil Menschen, wenn sie sich nicht ernähren können, dorthin gehen, wo andere schon leben. Das führt zu Konflikten und Kriegen. Und wenn Krieg herrscht, werden bebaute Felder vernichtet, und es kann nicht angebaut werden.
Die Konflikte mehren sich zurzeit, und daher müssen wir eine Verschlimmerung befürchten. Auch weil es so viele Flüchtlinge gibt, denn Flüchtlinge bewirtschaften ja kein Land und produzieren keine Nahrungsmittel. Wir müssen alles tun, damit es Frieden gibtm, wir müssen alles tun, damit in den Regionen, in denen Anbau wegen Wassermangels schwieriger ist, , durch Entwicklungshilfe eine Bebauung der Erde doch möglich wird.
Und wir müssen hier so leben, dass keine Nahrungsmittel vernichtet werden. All das hilft, dass der Hunger in der Welt überwunden wird.
domradio.de: Was tut die Kirche im Kampf gegen Hunger und Unterernährung?
Erzbischof Schick: Die Kirche spielt eine gute Rolle. Durch Misereor, Missio und Caritas International und auch die Kirche vor Ort. Dort, wo die Hungerproblematik virulent ist, da ist die Kirche z.B. dabei, Family Farming zu forcieren. Diese kleinteilige Landwirtschaft in der Familie und im Clan kann am besten den aktuellen Hunger überwinden. Die Kirche tut da sehr viel, oft mehr als andere Entwicklungshilfeorganisationen. Von daher sind wir in dem Fall recht aktiv.
domradio.de: Könnte das noch optimiert werden?
Erzbischof Schick: Die Kirche könnte sicher noch mehr tun, wenn wir noch mehr Gelder hätten, die wir in die Entwicklungsländer transferieren könnten, damit wir eben noch mehr Hilfe zur Selbsthilfe leisten können. Da ist noch mehr zu tun. Die Bundesregierung gibt uns ja auch über das Entwicklungsministerium Gelder in die Hand, damit wir aktiv werden können. Die Entwicklungshilfe sollte aber dringend erhöht werden. Es soll ja 0,7 Prozent des Bruttosozialproduktes in die Entwicklungshilfe fließen. Wir sind aber erst bei ca. 0,4 Prozent. Es gibt also in vielen Bereichen Luft nach oben.
domradio.de: Wir leben hier in einer Überflussgesellschaft. Was kann denn jeder Einzelne gegen den Hunger in der Welt tun?
Erzbischof Schick: Das Problem besteht darin, dass wir viel zu unbedacht einkaufen. Wir kaufen massenhaft ein, was wir gar nicht gebrauchen können. Dann wird es einfach weggeworfen. Das Wichtigste ist ein Einkauf mit Bedacht und Achtsamkeit. Und natürlich auf regionale und ökologische Produkte zu achten. Das macht die Nahrungsmittel etwas teurer, aber das macht indirekt achtsamer. Da brauchen wir ein Umdenken.
Das Interview führte Silvia Ochlast.