Erzbischof Thissen zur Nachfolge von Kardinal Lehmann

"Es gab schon schwierigere Situationen"

Die Deutsche Bischofskonferenz kommt vom 11. bis 14. Februar zu ihrer Frühjahrsvollversammlung in Würzburg zusammen. Dabei geht es auch um die Nachfolge von Kardinal Karl Lehmann, der seinen Rücktritt als Vorsitzender angekündigt hat. In diesem Zusammenhang wird auch immer wieder der Name des Hamburger Erzbischofs Werner Thissen gehandelt. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sprach der 69-Jährige am Mittwoch in Hamburg über Erwartungen, Wahlprozedere und Generationswechsel.

 (DR)

Herr Erzbischof Thissen, was hat Kardinal Lehmann als Vorsitzenden der Bischofskonferenz ausgezeichnet?
Thissen: Er war aus drei Gründen ein ausgezeichneter Vorsitzender: Er ist ein exzellenter, weltweit anerkannter Theologe. Wenn in einer Bischofskonferenz Meinungen aufeinanderprallen und einer frei aus einem Konzil oder aus den Kirchenvätern zitieren kann, hat das große Argumentationskraft. Das Zweite: Er ist ein sensibler Moderator. In der Diskussion zählt der Austausch von Argumenten und dass der Vorsitzende widerstrebende Meinungen zusammenführen kann. Auch wenn nicht immer ein Kompromiss herauskommt, hat uns seine Gesprächsleitung gut getan. Jeder Bischof hat sich geachtet gefühlt.

Und: Der Vorsitzende ist der Sprecher nach außen. Bei Lehmanns Rücktrittsankündigung hat man ja gemerkt, dass er sowohl für die Kirchen in der Ökumene als auch bei politischen Verantwortungsträgern sehr anerkannt ist. Das heißt: Er hat unsere Position sehr gut vermittelt.

Welche Eigenschaften müsste ein Nachfolger haben?
Thissen: Er kann natürlich nicht genau die gleichen Eigenschaften haben, aber diese drei Punkte sind auch für einen Nachfolger wichtig.

Die Theologie wird selbstverständlich weiter eine bedeutende Rolle spielen. Ebenso die Vermittlung. Das Bewundernswerte bei Lehmann ist, dass alles an ihm glaubwürdig und stimmig ist. Botschaft und Person gehören zusammen. Ein Nachfolger muss aber auf jeden Fall seinen eigenen Stil finden.

Wie läuft eine solche Wahl ab?
Thissen: Wir schreiben einen Namen auf einen Zettel und schauen, was dabei heraus kommt. Aber es gibt natürlich im Vorfeld Bischöfe, die sich besprechen. Das hat längst eingesetzt. Von daher werden auf den Stimmzetteln nicht 26 unterschiedliche Vorschläge stehen.

Sie selbst machen sich für einen Generationswechsel stark.
Thissen: Ja, ich halte es für richtig, dass einer aus der jüngeren Generation gewählt wird, und es gibt genügend jüngere Diözesanbischöfe, die das können.

Vor Lehmanns Wahl 1987 hatte es Tradition, dass sich die Erzbischöfe von Köln und München-Freising im Vorsitz abwechselten. Was sagen Sie zu dieser Tradition?
Thissen: Das "Pingpong" zwischen Köln und München halte ich für möglich, aber nicht zwingend notwendig. Es muss meiner Meinung nach auch nicht unbedingt ein Erzbischof sein. Es ist wichtig, dass ein Bischof das Vertrauen der gesamten Konferenz genießt, also auch der Weihbischöfe. Allerdings sind wir mit dem Wechsel zwischen Köln und München sehr gut gefahren. Das könnte auch in Zukunft wieder so sein.

Wem trauen Sie persönlich es denn zu?
Thissen: Ich werde jetzt hier keine Wahlkundgebung veranstalten. Ich sagte ja, dass es in der jüngeren Generation genügend tüchtige Mitbrüder gibt, die diese große Aufgabe schultern können. Jeder Bischof hat in seinem Bistum eine Fülle von Arbeit. Wenn so eine Aufgabe zusätzlich kommt, ist das ein Kraftakt. Aber es ist möglich, das hat Kardinal Lehmann gezeigt.

Auch Ihr Name wird gehandelt.
Thissen: Da ich mich für einen Generationenwechsel einsetze, plädiere ich dafür, dass es ein Jüngerer machen soll, der länger im Amt bleiben kann. Ich könnte es allenfalls sechs Jahre machen. Eine größere Kontinuität wäre aber angemessener.

Kardinal Lehmann hat seine Amtszeit nicht vollendet. Für wie lange wird nun sein Nachfolger gewählt?
Thissen: Die Kirchenrechtler sind sich in dieser Frage noch nicht ganz einig, weil es offenbar so etwas noch nicht gegeben hat und nicht vorgesehen war. Aber ich fände es richtig, dass einer es für eine volle Amtsperiode von sechs Jahren macht.

Mit welchen Gefühlen reisen Sie jetzt zur Bischofsvollversammlung?
Thissen: Ich fahre immer gerne zur Bischofskonferenz, weil es stets einen guten Austausch gibt, nicht nur in den offiziellen Teilen, sondern auch am Rande. Und es gab sicherlich in den letzten Jahren in der Bischofskonferenz Situationen, die schwieriger waren als die bevorstehende Wahl.

Interview: Sabine Kleyboldt (KNA)