Erzbischof Zollitsch erwartet Wohlstandsverlust für alle

Den Gürtel enger schnallen

Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch erwartet infolge der Wirtschaftskrise einen Wohlstandsverlust in allen Gesellschaftsschichten. "Wir werden den Gürtel wohl alle enger schnallen müssen", sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz am Samstag im Deutschlandradio Kultur. "Darauf, meine ich, sollten wir die Menschen bei uns vorbereiten", fügte Zollitsch hinzu. In Interviews mit dem Deutschlandradio und der Neuen Ruhr/Neuen Rhein Zeitung äußerte sich Zollitsch auch zur Pro-Reli-Debatte und Merkels Papstkritik.

Erzbischof Zollitsch: Den Gürtel enger schnallen (KNA)
Erzbischof Zollitsch: Den Gürtel enger schnallen / ( KNA )

Nach Einschätzung des Erzbischofs hat die Krise die Menschen nachdenklicher gemacht: «Ist die Wirtschaft nur da, um Geld zu verdienen? Oder ist der eigentliche Wert der Wirtschaft nämlich der Mensch, dass die Wirtschaft für den Menschen da ist und der Mensch im Mittelpunkt steht?», fragte Zollitsch.

Nach den Worten des Bischofs hat die Krise auch unmittelbare Auswirkungen auf die Kirchen. Die Zunahme der Arbeitslosigkeit werde die Kirchensteuereinnahmen schmälern. Bei den notwendigen Einsparungen sollen Entlassungen laut Zollitsch vermieden werden. «Darum müssen wir schauen, wo wir uns auch von Dingen trennen können, die eher Geld kosten, als dass sie nun Geld bringen», sagte er. Verstärkt werde der Spardruck durch die sinkenden Mitgliederzahlen. Die dadurch notwendigen Umstrukturierungen sollen laut Zollitsch langfristig angelegt werden und nicht kurzfristig dazu führen, «dass wir Menschen vor die Tür stellen müssen».

Merkels Papst-Kritik könnte CDU Stimmen kosten
Die öffentliche Kritik an Papst Benedikt XVI. durch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) könnte die CDU nach Einschätzung Zollitschs Wählerstimmen kosten. «Das könnte passieren», sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in einem Interview der «Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung». Eingehender beantwortete er die Frage nicht. Erneut äußerte der Freiburger Erzbischof Verständnis dafür, dass Merkel sich Sorgen gemacht habe. «Sie hätte nur besser einen diplomatischen Weg wählen sollen, um ihr Anliegen zur Sprache zu bringen». Darüber habe er mit Merkel geredet, die Sache sei geklärt.

Die Bundeskanzlerin hatte Benedikt XVI. öffentlich zu einer Klarstellung aufgefordert, nachdem er die Exkommunikation des Traditionalisten-Bischofs Richard Williamson aufgehoben hatte.
Zollitsch und andere Bischöfe hatten wiederholt darauf verwiesen, dass der Papst Merkels Frage bereits eine Woche zuvor beantwortet habe.

Mit Blick auf die Pius-Bruderschaft sprach sich der Bischofskonferenz-Vorsitzende dafür aus, dass «die Glaubenskongregation noch in diesem Jahr eine Klärung herbeiführt». Wahrscheinlich komme es dann zumindest für einen Teil der Gruppe zum endgültigen Bruch mit Rom. Solange die Bruderschaft sage, sie ändere sich nicht, habe er wenig Hoffnung auf eine Integration in die Kirche.

Zollitsch warnt vor «staatlich verordneter Lehre von Ethik»
Scharfe Kritik übt Zollitsch am Berliner Senat. Der Ethikunterricht in der Bundeshauptstadt berge die Gefahr einer «staatlich verordneten Lehre von Ethik» je nach den aktuellen politischen Mehrheitsverhältnissen, sagte der Freiburger Erzbisch. Der Ethikunterricht könne Religionsunterricht nicht ersetzen, daher sei er froh über das Volksbegehren «Pro Reli».

Für den 26. April sind die Berliner aufgerufen, in einem Volksentscheid über die Einführung eines Wahlpflichtbereiches Ethik/Religion an Berliner Schulen abzustimmen, wie es von der Initiative «Pro Reli» gefordert wird. Seit 2006 wird das Pflichtfach Ethik ab der siebten Klasse unterrichtet, Religionsunterricht kann freiwillig besucht werden, aber nur zusätzlich. Bei einem Erfolg von «Pro Reli», das von den großen Kirchen unterstützt wird, würden Schüler künftig zwischen Ethik und Religion wählen.

Als Ziel des Religionsunterrichts nannte Zollitsch, die Schüler zu einer klaren Stellungnahme anzuleiten. Daher gehe es nicht allein um Informationen im Sinne einer Religionskunde, sondern auch um die Auseinandersetzung mit einer Überzeugung, die der Lehrer in einem konfessionellen Religionsunterricht vertreten muss.

Guter Religionsunterricht wehre Fundamentalismus ab, sagte Zollitsch. Er sei darauf ausgerichtet, «die eigene Religion und Konfession kennenzulernen und zugleich auch Brücken zu bauen zum Nachbarn und Brücken zu bauen zu den anderen christlichen Religionen».