Erzbischof Zollitsch ermutigt Christen, sich einzumischen und Farbe zu bekennen für das Evangelium: "Man muss nicht in jedes Boot einsteigen, das der Zeitgeist und Modetrend an uns vorbeitreibt." In seiner Predigt in Buchen rief Zollitsch auf: "Bauen wir unsere Dörfer und Städte als Orte der Hoffnung, als Biotope des Glaubens und der Liebe!" Wer sich an Gott halte, zeige als Christ Haltung im Alltag, im Beruf und der Freizeit: "Wer in öffentlicher, ja politischer Verantwortung bewusst als Christ handelt, wer seine Ehe und Familie christlich lebt, darf dies tun im Bewusstsein, dass er auf dem sicheren Weg in die Zukunft geht." Christlicher Glaube, der sich im Leben zeige, wecke Interesse, Aufmerksamkeit und Sympathie - "ob in Mosbach oder Buchen, ob in Deutschland oder Peru". Zollitsch sagte wörtlich: "Gestandene und überzeugte Christen sind gefragt, damit andere uns nach dem Grund unserer Hoffnung fragen." Wem es an Rückgrat fehle, der hänge sein Fähnchen schnell nach dem Wind: "Es gibt heute so etwas wie eine moralische Mobilität und charakterliche Flexibilität, die sich überall durchlaviert ohne Stellung zu beziehen."
"Leben teilen - Glauben feiern" in der Kirche: Hier sind wir daheim
Eine Seelsorgeeinheit mit ihren Gemeinden ist nach den Worten des Erzbischofs dann lebendig, "wenn wir teilhaben an dem einen und gleichen Glauben, wenn wir den Glauben und das Leben mit dem Anderen teilen. Und damit auch mit-teilen, was uns durch diesen Glauben geschenkt wird; die Kraft teilen, die aus dem Glauben kommt; Anteil nehmen an Freude und Hoffnung, an Trauer und Angst der Mitmenschen. Geteilter Glaube ist vertiefter und ansteckender Glaube." Leben innerhalb der Pfarrgemeinden und einer Seelsorgeeinheit könne sich nur auf der Basis des Vertrauens und der gegenseitigen Achtung entfalten: "Nur wenn wir als engagierte Christen einander vertrauen und wenn wir Gott vertrauen, kann Gemeindeleben blühen und nach außen ausstrahlen." Dann werde spürbare Realität, was als Motto über dem Deutschlandbesuch von Papst Benedikt im September stehe: "Wo Gott ist, da ist Zukunft." Gott selbst weise "den entscheidenden Weg in die Zukunft, den Weg der Gemeinschaft, den Weg der Freundschaft und des Vertrauens: Vom interesselosen Nebeneinander hin zum vertrauensvollen Miteinander und helfenden Füreinander." Diese Freundschaft in Christus ist nach den Worten Zollitschs weder durch Strukturen und Organisationen, noch durch Internet und neue Kommunikationsmittel zu ersetzen: "Es gibt heute viel Kommunikation, aber nur wenig Begegnung; es gibt viele Sitzungen, aber zu wenig Bewegung und Aufbruch - Bewegung aufeinander zu und gemeinsam zu Gott." Es brauche heute mehr denn je die tätige "Nachbarschaftshilfe des Glaubens", die in die Tat umsetzt, was als Motto über dem Dekanatsfest steht: "Leben teilen - Glauben feiern." Freiburgs Erzbischof plädiert für "eine missionarische Kirche, eine Kirche der offenen Türen und geöffneten Herzen." Menschen müssten spüren: "Kirche - hier sind wir willkommen, Kirche - hier sind wir daheim."
Landschaft Nordbadens - geprägt von Kirchen, Kapellen und Wegkreuzen
Der Erzbischof von Freiburg verwies auf die schöne Landschaft Nordbadens mit so vielen Kirchen, Kapellen, Bildstöcken, Mariensäulen und Wegkreuzen im Dekanat Mosbach-Buchen: "Unsere Vorfahren haben sie aufgebaut und errichtet, weil sie nur zu gut wussten, dass ein Staat, eine Stadt, ein Dorf, eine Gemeinschaft, ja dass alle Menschen Halt und Orientierung brauchen. Und sie wussten auch, dass aus dem Halt in Gott, die Haltung erwächst, die Gesellschaft zu gestalten, das Leben zuversichtlich anzugehen." Die Vorfahren hatten Halt an den Wegkreuzen gemacht, wenn sie auf den Feldern unterwegs waren: "Daraus erwuchs die Haltung der Dankbarkeit gegenüber Gott; daraus erwuchsen Verantwortung und Solidarität." Was geschehen kann, wenn der Halt verloren geht und es an Haltung fehlt, wird nach den Worten von Erzbischof Zollitsch deutlich, "wenn ein Versicherungsunternehmen seine besten Leute meint mit Sex-Parties belohnen zu müssen; wenn Menschen ohne Grund angegriffen und zusammengeschlagen werden; wenn der einzelne zwar alle seine Recht kennt und fordert, aber nicht um seine Pflichten weiß; wenn nur noch die Devise zählt: Erlaubt ist, was Spaß macht und gefällt!"
Hier seien Christen gefordert. Erzbischof Zollitsch rief dazu auf: " Zieht euch nicht in ein kirchliches Schneckenhaus zurück, um unter Gleichgesinnten zu sein! Verschanzt Euch nicht ängstlich in der Sakristei! Wir sind von Gott beschenkt und befreit, um unseren Mitmenschen offen und einladend zu begegnen - unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Nation, ihrem Glauben." Christen seien eingeladen, "innerhalb unserer Pfarrgemeinden und Seelsorgeeinheiten genau hinzuschauen: Wo gibt es Menschen, die wir möglicherweise zu wenig im Blick haben." Sie könnten auch selbstkritisch fragen, "ob wir unsere Pfarrgemeinden über Jahre hinweg nicht all zu sehr nach innen strukturiert und organisiert haben." Nicht die Selbstorganisation, sondern die Öffnung nach außen und die Werbung für den Glauben seien ein Gebot der Stunde: "Es gehört zu unserem christlichen Glauben, die Fragen der Menschen ernst zu nehmen, sie an uns heran zu lassen und bereitwillig zu erklären, warum und wie wir als Christen leben."
Erzbischof Zollitsch fordert Christen auf, sich einzumischen
"Nicht ängstlich in der Sakristei verschanzen"
Christen haben nach Überzeugung von Erzbischof Dr. Robert Zollitsch "in unsere Gesellschaft Wegweisendes einzubringen." Bei einem Gottesdienst stellte der Erzbischof von Freiburg am Sonntag die Fragen: "Was wäre unsere Demokratie ohne die christlichen Wurzeln? Was wäre unsere Gesellschaft ohne den Einsatz überzeugter und engagierter Christen? Was wäre unser Land ohne die prägende Kraft der christlichen Kultur und Werte?"

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