Gottesdienste, Bühnenprogramm und bunte Aktionsstände rund um die Potsdamer Kirche Sankt Peter und Paul: So sah es aus, als das Erzbistum Berlin am Sonntag sein 300-jähriges Jubiläum feierte. Die Propsteigemeinde war die erste katholische Gemeinde nach der Reformation auf dem Gebiet des heutigen Erzbistums Berlin, die staatlich anerkannt wurde.
Von Belgien nach Brandenburg
Ein ungewöhnliches Geschenk der belgischen Botschaft deutet auf die Herkunft der Mitglieder der ersten katholischen Gemeinde hin: Die Potsdamer Kirchengemeinde wurde 1722 von rund 200 katholischen Waffenhandwerkern und ihren Angehörigen gegründet, die König Friedrich Wilhelm I. aus Belgien nach Brandenburg geholt hatte. Die Zuwanderer aus der Region Lüttich erhielten damals in Preußen kein Brauchrecht - so schenkte die Botschaft 200 Liter Freibier.
Am Festgottesdienst nahm auch der Bischof Jean-Pierre Deville aus Lüttich teil. Darin rief der Berliner Erzbischof Heiner Koch die Gesellschaft zu mehr Gottvertrauen auf. "Christen sind Menschen, die Gott ihr Vertrauen schenken. Das ist eine mutige Haltung und Entscheidung. Christ zu sein, ist nichts für Menschen ohne Wagemut", so Koch laut Redemanuskript.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) würdigte die katholische Kirche als "wichtige Säule des sozialen Miteinanders". Sie sei Kulturträger und engagiere sich als Träger sozialer und Bildungseinrichtungen. "Auch im interreligiösen Dialog wie der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit ist die katholische Kirche nicht wegzudenken."
Glückwünsche von Papst Franziskuse
Der Apostolische Nuntius Erzbischof Nikola Eterovic überbrachte die Glückwünsche von Papst Franziskus. Weiter rief er zu Friedensgebeten für die Welt auf, für "die Menschen hier und vor allem in den Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt", etwa der Ukraine.
"Katholische Kirche - Motor oder Bremsklotz auf dem Weg in eine geschwisterliche und schöpfungsverantwortliche Kirche" - zu diesem Thema diskutierten ein Podium über die Folgen des Ukraine-Krieges, die Klimakrise und die derzeitige Situation der Kirche. Der Klimaforscher Ottmar Edenhofer warnte davor, verschiedene Krisen gegeneinander auszuspielen. Der Ukrainekrieg und die Klimakrise schaukelten sich gegenseitig hoch, sagte der Ökonom. "Wir haben nicht den Luxus, eine Krise nach der anderen zu bekämpfen, wir müssen den Mumm habe, beides gemeinsam anzugehen", so der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.
Die Berliner Caritasdirektorin Ulrike Kostka unterstrich Edenhofers Forderungen. Wer Sozialpolitik gegen Klimapolitik ausspiele, spiele mit dem Leben von Menschen. Sie appellierte an den Zusammenhalt auch in Zeiten sozialer Verwerfungen. "Wir sollten Putin die Macht nehmen, unser soziales Miteinander zu zerstören", sagte die Moraltheologin, "und uns den solidarischen Kern unserer Gesellschaft nicht zerstören zu lassen".
Buntes Programm für die Teilnehmer
Beim Fest auf dem sonnigen Bassinplatz kamen Jung und Alt aus der ganzen Diözese zusammen - Familien, Senioren und Messdiener. Die Band "Patchwork" sorgte für gute Stimmung. Ebenso vielfältig präsentierten sich die Verbände und Initiativen des Bistums: Die Katholische Arbeitnehmerbewegung stellte auf Bannern ihre Forderungen dar, die Mitglieder des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend verteilten Banane-Maracuja-Cocktails. "Das ist kostenlos? Oh, da nehme ich aber gerne einen!", freute sich eine Besucherin.
Der Ausschuss Ökologie mit Haus und Hof lieferte Energiespartipps, während die Reforminitiative Maria 2.0 ihre Anliegen für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche vorstellten. Aus dem Kloster gab es "Klosterknusper Waffelbrot", während eine neue Initiative Workshops zum Ikonenmalen anbot.
Papierwindlichter bastelten Kinder am Stand der Sternsinger. "Wir möchten die Begeisterung bei denen wecken, die durch Corona jetzt zwei Jahre lang keine Sternsinger-Aktionen mitbekommen haben", erklärt die Verantwortliche. Sogar eine goldene Krone gab es für die Jungen und Mädchen. Mit Süßigkeiten lockte das Drehrad der Berufungspastoral des Bistums.
"Messbuchstemmen" und "Weihrauchschwingen", damit forderten die Ministranten die Festbesucher zu einer Rallye heraus. "Das Fass nicht höher als 80 Zentimeter", erklärt der junge Messdiener am Stand - für Ungeübte gar nicht so leicht. Auch zu einer Stadtrallye luden sie Kinder ein, für alle gab es Schlösserrundfahrten sowie Kirchenführungen und Orgelmusik in verschiedenen Potsdamer Kirchen.
Das Fest macht deutlich: Viel ehrenamtliches Engagement trägt ein Bistum - sei es in der Verbandsarbeit oder beim Stühlestellen für die Festveranstaltung. Es war an manchen freudigen Gesichtern abzulesen, dass eine große Gemeinschaftsbegegnung nach über zwei Jahren Corona der Seele gut tut. Ein ökumenischer Gottesdienst zum Ende des Tages leitete symbolisch über zum 300-Jahr-Jubiläum der Gründung von Potsdams evangelisch-reformierter Gemeinde überleiten, die 2023 gefeiert wird.