Erzbistum Köln im Austausch mit Betroffenen

Aufarbeitung im Fall Collegium Josephinum

Am 13. September legte das wissenschaftliche Projekt zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch, physischer und psychischer Gewalt am Konvikt Collegium Josephinum in Bad Münstereifel seinen Endbericht vor. Nun folgte ein offener Dialog.

Abschlussbericht zu einem wissenschaftlichen Projekt über Missbrauchsfälle am Collegium Josephinum / © Marius Becker (dpa)
Abschlussbericht zu einem wissenschaftlichen Projekt über Missbrauchsfälle am Collegium Josephinum / © Marius Becker ( dpa )

Mit einem offenen Austausch an diesem Donnerstagabend mit 30 ehemaligen Konviktoristen des Collegium Josephinum setzte das Erzbistum Köln jetzt sein Versprechen um, die gewonnenen Erkenntnisse zu diskutieren und in der konkreten Präventions- und Interventionsarbeit umzusetzen.

"Die abscheulichen Übergriffe in Form von körperlicher Misshandlung und sexuellem Missbrauch sind eine Tatsache, die wir akzeptieren müssen", verdeutlichte Generalvikar Dr. Dominik Meiering vor den rund 30 Teilnehmern. Aus dem Bericht geht aber auch hervor, dass nicht alle Kinder von Gewalt und Missbrauch betroffen waren und eine glückliche Zeit in Bad Münstereifel hatten.

Vorrangige Ziele des Abends waren das Gespräch mit Vertretern des Erzbistums und das Hören der unterschiedlichen Positionen und Geschichten. Gemeinsam mit dem Generalvikar war der Interventionsbeauftrage des Erzbistums Köln, Oliver Vogt, zu der Austausch- und Informationsveranstaltung gekommen.

Ehemalige berichteten von wiederholter Gewalt in unterschiedlichen Formen. Dabei hatten primär Betroffene direkt Gewalt durch die Fachkräfte erfahren oder waren unmittelbare Zeugen. Zur Gruppe der tertiär Betroffenen hingegen gehören Konviktoristen, die unter anderem durch die gesellschaftlichen Reaktionen während des Projektes und nach der Vorlage des Berichtes beeinträchtigt worden sind.

"Wünsche der Ehemaligen an das Projekt"

Ein Teil des Endberichts ist mit "Wünsche der Ehemaligen an das Projekt" überschrieben. Generalvikar Meiering nahm dazu Stellung und zeigte auf, "welche Schritte das Erzbistum bislang gegangen ist und welche noch vor uns liegen". Ein erster war die Beauftragung "externer Ansprechpartner".

Das sind keine Mitarbeiter des Erzbistums, sondern "unabhängige Fachleute aus unterschiedlichen Berufsfeldern." Eine weitere Maßnahme ist die Einsetzung der Stabsstelle Intervention unter der Leitung von Oliver Vogt im Jahr 2015. Ein externer Beraterstab unterstützt die Fachstelle.

Zu den Wünschen gehören neben der Anerkennung der Tragweite des erfahrenen Leids und der Ermutigung weiterer Betroffener auch öffentlich sichtbare und wirksame Konsequenzen. Dazu erklärte Meiering, dass die eingeleiteten Maßnahmen nicht erst aus dem vorgelegten Bericht resultierten, sondern schon seit mehreren Jahren laufen.

"Die Forderung nach sichtbaren Konsequenzen ist nachvollziehbar und verständlich." So gibt es seit 2010 eine Reihe von Maßnahmen für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, darunter die verpflichtende Vorlage von erweiterten Führungszeugnissen und die Wiedervorlage alle fünf Jahre und die verpflichtende Teilnahme an Präventionsschulungen.

"Das Erzbistum Köln hat gegen zwei beschuldigte Priester kircheninterne Verfahren eingeleitet. In beiden Fällen sind die Verfahren noch nicht abgeschlossen, da noch immer weitere Meldungen eingehen", erklärte Generalvikar Meiering. Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki hatte sich für die Fehler des Erzbistums entschuldigt und bat die Opfer um Vergebung, kann dies jedoch nicht für die Handlungen der Täter tun. "Die Bereitschaft zu einer Entschuldigung muss von dem jeweiligen Täter selbst kommen."

Für die Zukunft sei es wichtig, "Menschen, die als Priester in der Kirche tätig werden wollen, in der persönlichen Auseinandersetzung auch mit der eigenen Sexualität und der persönlichen Reifung zu stärken." Das ist Thema einer im Frühjahr 2017 eingesetzten Arbeitsgruppe. "Diese setzt sich mit einer Neuordnung der Priesterausbildung im Erzbistum Köln auseinander. In diese Arbeitsgruppe fließen jetzt zusätzlich noch die Erkenntnisse aus dem Abschlussbericht ein", teilte der Generalvikar mit.

Von Seiten des Erzbistums habe es zu keinem Zeitpunkt einen Generalverdacht oder eine pauschale Verurteilung gegeben, so Meiering. Für eine lückenlose Aufarbeitung der Geschehnisse sei es wichtig, beide Seiten zu berücksichtigen und zu akzeptieren. Neben den primär Betroffenen gebe es viele Menschen, die als junge Konviktoristen eine schöne Zeit am Collegium Josephinum hatten.

Offener Brief ehemaliger Konviktoristen an primär Betroffene

Im Laufe des Abends wurde von Vertretern der tertiär Betroffenen ein Offener Brief an die Opfer von Gewalt und Missbrauch vorgestellt und verteilt. Drei Anliegen sind den Verfassern wichtig, allen voran der Wunsch, dass dem bereits geschehenen Unrecht kein neues hinzufügt werden dürfe.

Die Ehemaligen bestehen aber auch darauf, dass ihre Geschichten der glücklichen Jahre am Konvikt nicht vergessen werden dürfen. Man müsse auch ihre Gefühle und Geschichten ernst nehmen. Dieses Unrecht solle aber nicht mit den Übergriffen aufgewogen werden. "Es bewegt uns nach wie vor, denn für uns bleibt das Konvikt ein Stück Heimat und Familie".

Das Konvikt, die Einrichtung für Jungen, wurde 1997 aufgegeben. 2015 war das wissenschaftliche Projekt auf Initiative von Betroffenen vom Erzbistum Köln gestartet worden. Ziel war und ist es, mit und für Ehemalige des Konvikts Angebote zu entwickeln und umzusetzen, die für Betroffene und Zeugen der Taten Entlastung bieten und bei der Verarbeitung der Erlebnisse und Erfahrungen hilfreich sind.

Der Endbericht ist von Betroffenen für Betroffene gestaltet. Das Projekt ist beendet, Betroffene sind dennoch aufgerufen, sich zu melden und die Aufarbeitung zu fördern. Sie können sich weiterhin jederzeit bei den externen Ansprechpersonen des Erzbistums Köln melden.


Quelle: