DOMRADIO.DE: "Schule hat eine Seele! Gerecht.Bildung.Gestalten." So lautet das Thema der Kirche auf dieser Messe. Was steckt hinter diesem Leitgedanken?
Christoph Westemeyer (Abteilungsleiter für den Bereich Schulische Religionspädagogik und Kath. Bekenntnisschulen im Erzbistum Köln): Zunächst einmal wird man sicher feststellen, dass das ein etwas sperriger und auch vielleicht provokativer Titel ist. Aber es ist durchaus angebracht und intendiert, weil man den Begriff "Seele" nicht unbedingt mit Schule als einem Funktionssystem in Verbindung bringen würde.
Genau das will die Kirche aber trotzdem tun. Sie will zeigen, dass Schule immer noch mehr ist als etwas Funktionales. Sie ist vielmehr etwas, was sich vor allem um die Kinder und um die Jugendlichen dreht. Deshalb auch dieser Begriff "Schule hat eine Seele!" als Selbstverpflichtung der Kirchen, immer wieder darauf zu schauen.
DOMRADIO.DE: Welche Rolle spielt die Kirche, wenn es um das Thema Schulbildung geht?
Westemeyer: Da kann man drei große Spielfelder identifizieren. Das eine ist sicher der Religionsunterricht. Da werden am Stand ganz viele Veranstaltungen und Fachvorträge didaktisch-methodischer Art angeboten.
Dann sind sicher auch die evangelischen sowie katholischen Schulen zu nennen, die eine besondere Prägung, ein besonderes Profil haben und besonders gut von Eltern angenommen werden. Das ist sicher das zweite Spielfeld.
Das dritte Spielfeld ist das große Thema Schulpastoral, Krisenintervention, Schul-Krisen, wenn irgendwo wieder Katastrophen entstehen. Dieses Thema ist dann relevant, wenn die Frage von religiösen Konnotationen eingespielt wird, bei denen die Kirchen immer noch die größte Kompetenz mitbringen.
DOMRADIO.DE: Stichwort Krise. Ein großes Thema wird sicherlich auch die Corona-Pandemie und die damit verbundene Krise sein, oder?
Westemeyer: Ja, alleine schon deshalb, weil die letzten zwei didacta Messen ausgefallen sind beziehungsweise digital stattgefunden haben, da coronabedingt keine Präsenzveranstaltungen möglich waren. Deshalb freuen sich auch alle unfassbar darauf, mal wieder gemeinsam in diesen großen Messehallen am Stand zu sein.
Aber dieser riesige Digitalisierungs-Schub war wichtig, der darf nicht wieder zurückgeschraubt werden. Das hat aber auch dazu geführt, dass man das Thema Bildungsgerechtigkeit noch mal neu buchstabieren muss. Deshalb lautet der Untertitel des Kirchenstandes auch "Gerecht.Bildung.Gestalten.", weil man doch feststellen musste, dass die Technik das eine ist und der Mensch das andere - ohne binären Code.
Wie behalten wir den Menschen im Blick? Wie behalten wir die Schülerinnen und Schüler im Blick, lauten die Fragen. Das soll unser Beitrag auf der didacta sein.
DOMRADIO.DE: Bis Samstag ist seitens der Kirche einiges auf der didacta geplant: Fachvorträge, Workshops, Interviews und Beratungsgespräche. Es wird außerdem ein rotes Sofa geben. Was hat es damit auf sich?
Westemeyer: Das ist ein Format, was es seit einigen Jahren gibt. Wir haben uns überlegt, prominente Menschen einzuladen, die für Gäste besonders interessant sind. Mit dabei sind zum Beispiel Pfarrer Meurer aus Köln und der große Filmregisseur Sönke Wortmann. Die haben sich bereit erklärt, auf das Sofa zu kommen.
Die Theologin und Poetry Slammerin Veronika Krieger wird dort ebenfalls Platz nehmen. Auf dem roten Sofa können sie ins Gespräch kommen und darüber sprechen, was sie eigentlich mit der Frage nach religiöser Bildung verbinden.
DOMRADIO.DE: Was sind Programmhighlights, an denen auch das Erzbistum Köln beteiligt ist?
Westemeyer: Zunächst gibt es ganz viele Fachvorträge und Workshops am Stand. Die Themenpallette geht von der didaktischen Frage über Digitalisierung im Religionsunterricht bis zur Krisenintervention. Die kirchlichen Schulen stellen sich vor. Zudem gibt es Kabarett von einer Schule.
Die Kunst am Stand wurde diesmal in einem Schulprojekt der Erzbischöflichen Liebfrauenschule aus Köln grandios gestaltet. Das Theodor-Fliedner Gymnasium aus Düsseldorf, das Amos-Comenius-Gymnasium und das Kardinal-Frings-Gymnasium haben auch Projekte mitgestaltet.
Als weitere Höhepunkte sind Podiumsveranstaltungen vorgesehen. Im Rahmenprogramm der didacta wird die Kirche am Freitag auch eine dieser Podiumsveranstaltungen bespielen. Dort wird dann der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, dabei sein sowie der Kölner Weihbischof Ansgar Puff, aber auch die bekannten Fernsehmoderatorinnen Linda Joe Fuhrich und Shary Reeves und zudem jemand aus dem Ministerium, um auch dort nochmal die Frage zu buchstabieren: Wie gelingt es eigentlich, Bildung gerecht zu gestalten?
DOMRADIO.DE: Im Jahr 2020 ist die didacta durch die Pandemie komplett ausgefallen. Letztes Jahr fand sie nur digital statt. Wie wichtig finden Sie es, dass die Kirche jetzt wieder vor Ort Präsenz zeigen kann?
Westemeyer: Ganz wichtig. Das hat die Kirche auch in der digitalen Fassung getan. Aber es ist schlichtweg etwas anderes, ob man sich digital oder live zusammenfindet. Insofern ist es wichtig, dass die beiden Kirchen zusammen dort wieder einen Stand haben und zeigen, dass Bildung etwas ganz Breites und nicht etwas ganz Enges ist.
Und in diesem breiten Bildungsspektrum, gerade bei der Frage nach religiöser Bildung, müssen die Kirchen am Start sein und sich einmischen und ihre Stimme einbringen.
Das Interview führte Julia Reck.