"Wir müssen uns jetzt für Menschen auf der Flucht einsetzen und nicht Obergrenzen einführen oder das Asylrecht aushöhlen", mahnte er am Dienstag in einer Ansprache zum Thema Integration in Köln. In diesem und im nächsten Jahr werde das Erzbistum insgesamt 27,5 Millionen Euro für die Flüchtlingshilfe ausgeben.
Behörden vereinfachen Verfahren für neue Schüler
Um einen Schulplatz für einen Flüchtling zur Verfügung zu stellen und ihn in den normalen Schulbetrieb aufzunehmen, war bisher ein kompliziertes Verfahren notwendig. Das Verfahren soll nun in Kooperation mit den zuständigen Behörden vereinfacht werden.
Geplant ist, dass die Kinder zunächst in einer Eingangsklasse unterrichtet werden, in der vorallem Sprachkenntnis vermittelt werden. Parallel dazu werden die Flüchtlingskinder in einer Regelklasse aufgenommen und besuchen dort ebenfalls den Unterricht. Nach und nach solle die Kinder dann vollständig in die Regelklassen übergehen. Die Lehrer sollen Fortbildungen im interreligiösen und interkulturellen Kontext besuchen.
Nein zu Obergrenzen für Flüchtlinge
Der Kölner Erzbischof warnte die Politik davor, durch die Einführung von Obergrenzen für Flüchtlinge das individuelle Asylrecht auszuhöhlen. "Ich appelliere an die Menschen und Politiker in unserem Land und in Europa, dem Papst zu folgen und einer Globalisierung der Gleichgültigkeit eine Globalisierung der Nächstenliebe entgegenzusetzen", sagte Woelki. Zugleich erneuerte er seine Kritik an deutschen Rüstungsexporten, von denen auch die Kämpfer des sogenannten Islamischen Staats profitierten.
An die Bevölkerung appellierte Woelki, sich mit Blick auf die Flüchtlinge keine Sorgen um Arbeitsplätze, Wohlstand oder den Einfluss der Zuwanderer mit anderer Religion zu machen. Stattdessen sollten sie sich mutig und tatkräftig für die Integration der neuen Nachbarn einsetzen.
Die Gesellschaft dürfe auch die zahlreichen sozial Benachteiligten und Obdachlosen nicht vergessen, mahnte Woelki. Deren bundesweite Zahl entspreche etwa der Bevölkerung Bonns mit 310.000 Bürgern.
Woelki spricht Bevölkerung Mut zu
"Einem so reichen Land wie Deutschland muss es möglich sein, die derzeitigen Flüchtlingszahlen wie auch alle anderen sozialen Aufgaben zu bewältigen", betonte der Kardinal.
Das Erzbistum Köln hat nach Angaben des Kardinals für 2015 und 2016 rund 27,5 Millionen Euro für die Flüchtlingshilfe bereitgestellt. "Wenn Integration gelingen und zu einem Entwicklungsfaktor werden soll, müssen wir uns jetzt um vernünftigen Wohnraum, Sprachkurse und Arbeit für unsere neuen Nachbarn bemühen", sagte der Erzbischof.
Allein in diesem Jahr hätten rund 7.500 Geflüchtete etwa 26.000 Deutschstunden durch das Erzbistum erhalten. Anspruch auf staatliche Förderung habe nicht bestanden, so der Erzbischof bei einem Informationstag über die Arbeit der "Aktion Neue Nachbarn" von Caritas und Erzbistum Köln.
Derzeit werde jede freiwerdende kirchliche Wohnung für Flüchtlinge angeboten, sagte Woelki. Inzwischen seien fast 150 Wohnungen oder Häuser vermittelt worden. 72 der rund 500 Pfarrheime im Erzbistum würden für die Flüchtlingsarbeit genutzt, so der Kardinal.
Jahresbilanz der Aktion Neue Nachbarn
Zuvor hatte Weihbischof Ansgar Puff die Bedeutung einer religionsübergreifenden Flüchtlingshilfe betont. Es sei wichtig, dass etwa die Aktion Neue Nachbarn, die Flüchtlingshilfe des Erzbistums Köln, nicht nur Christen, sondern jedem Menschen helfe, sagte er am Dienstag in Köln. Damit widersprach er dem Philosophen Robert Spaemann, der in einem Interview des "Kölner Stadt-Anzeiger" (Wochenende) Verständnis dafür geäußert hatte, wenn Christen nur christlichen Flüchtlingen helfen würden. "Das sehe ich ganz anders", sagte Puff. "Wir helfen nicht den andern, weil die Christen sind, sondern wir helfen allen, weil wir Christen sind", so der Weihbischof, der auch Vorsitzender des Diözesancaritasverbands Köln ist.
Weiter hob Puff die beeindruckende Hilfsbereitschaft der Menschen im Einsatz für Flüchtlinge hervor. Dies zeige, dass eine in jeder Hinsicht satte Gesellschaft sich für Mitmenschen in Not ansprechen lasse. Papst Franziskus habe das als die "Sprache der Hände" bezeichnet. "Ich glaube, dass wir als katholische Kirche - die evangelische Kirche auch - durch unsere Willkommenskultur mit dazu beigetragen haben, dass in der Gesellschaft eine Atmosphäre entstanden ist, in der die Zivilgesellschaft sehr offen ist für dieses Thema", sagte Puff.
Für die vor gut einem Jahr begründete Aktion Neue Nachbarn sei es entscheidend, sich gegenüber Schutzsuchenden zu öffnen. "Wir sagen: 'Ihr seid hier bei uns willkommen. Ihr könnt hier bei uns eine Heimat finden.' Wir werden nicht sagen: 'Verschwindet wieder'. Das ist etwas, was wir uns auf die Fahnen geschrieben haben, wofür wir stehen", sagte der Weihbischof.