"Die Armen sind mir ans Herz gewachsen. Vor allem die, die auf der Straße leben, keine Bleibe mehr haben und noch viel weniger ein Zuhause", sagt Prälat Heinz-Manfred Jansen. Einem Obdachlosen Ansehen und Würde zu geben, ihm im Vorübergehen ein Wort zu schenken, aber auch finanzielle Hilfen über den örtlichen Caritasverband, dem er qua Amt 24 Jahre lang angehört hat – das war dem ehemaligen Solinger Stadtdechanten immer schon wichtig.
"Wie oft verbirgt sich hinter einer rauen Schale ein weicher Kern!" Es gebe so viele Menschen, die "daneben" hingen, nach einer gescheiterten Ehe und Jobverlust in die Obdachlosigkeit hineingerutscht seien. An solchen Menschen könne er nicht achtlos vorübergehen, erklärt der heute 75-Jährige, der in diesem Jahr in Ohligs sein Goldenes Priesterjubiläum gefeiert hat und mittlerweile als Subsidiar in Langenfeld tätig ist.
"Wenn von denen einer gestorben ist, war das immer Chefsache. Dann wussten alle: Das macht der Stadtdechant persönlich." Christus habe immer den ganzen Menschen gesehen. So verstehe auch er seinen priesterlichen Dienst. "Denn", betont Jansen, "diese Menschen sind es wert."
Pastor-Jansen-Fonds unterstützt Obdachlose
Und was zu Lebzeiten gilt, nämlich sich um die Mittellosen zu kümmern und zum Anwalt von Menschen zu machen, die ihren Platz in der Gesellschaft verspielt haben – ob unverschuldet oder aus purem Leichtsinn – und auf eine wie auch immer geartete Resozialisierung angewiesen sind, das will der Seelsorger auch nach seinem Tod geregelt wissen. Dafür hat er vor einem halben Jahr eine eigene Stiftung gegründet: den Pastor-Jansen-Fonds, der vor allem Obdachlosen und hilfebedürftigen Frauen mit Kindern in Solingen, aber auch dem Priesternachwuchs in Skandinavien und Mitteleuropa zugute kommen soll.
Testamentarisch hat er das über das Stiftungszentrum im Erzbistum verfügt, das nach seinem Tod in seinem Sinne handeln wird. "Hier weiß ich mein Geld in guten Händen und vertraue darauf, dass es sehr konkret die Menschen erreicht, die ich schon über viele Jahrzehnte als Pastor unterstützt habe."
Denn die Sorge um wohnungslose Menschen, die Platte machen, also Winter wie Sommer auf dem harten Asphalt unter Brücken oder in Hauseingängen schlafen, hat in Solingen nach dem ersten städtischen Katholikentag 1989 dazu geführt, gemeinsam mit den verantwortlichen Caritasstellen am Ort das Thema "Obdachlosigkeit" als Schwerpunkt auf die Agenda zu setzen und mit der Einrichtung von "Haus Bethlehem" in Ohligs auch eine konkrete Antwort darauf zu geben.
"Keiner soll auf der Straße leben müssen – erst recht nicht alleinerziehende Frauen mit ihren Kindern", lautete damals die Devise Jansens und aller, die sich gemeinsam mit ihm die Obdachlosenhilfe zur primären Aufgabe machten. "Wer, wenn nicht Kirche sollte hier handeln!"
Von Erspartem anderen etwas abgeben
Dass sein materieller Besitz im Stiftungszentrum gut aufgehoben ist, entlastet ihn ungemein. "Hier wird auch dafür gesorgt, dass meine ehemalige Pfarrkirche St. Joseph in Ohligs, wo ich so viele Jahre gerne Pastor war, immer instand gehalten wird." Außerdem unterstütze er aus persönlicher Verbundenheit den Freundeskreis der Benediktinerabtei Maria Laach und den Deutschen Verein vom Heiligen Lande.
"Ich bin kein Krösus, habe aber immer auskömmlich zum Leben gehabt, konnte manches an Erspartem zurücklegen und bin froh, wenn ich anderen davon heute etwas abgeben kann", begründet der Geistliche die Idee, eine Stiftung zu gründen. "Ich habe früh gute Priester erlebt, die mich selbst zu meiner Berufung motiviert haben und auch dazu, anderen durch mein Priestersein etwas Gutes zu tun. Das schafft Sinn und schenkt Erfüllung." Er habe an seinem Beruf immer gehangen.
Darum wolle er – selbst wenn das Finanzielle nicht allein ausschlaggebend sei – auch selbst den Priesternachwuchs fördern: dort, wo sich Familien eine theologische Ausbildung nicht ohne Weiteres leisten könnten. "Ich selbst habe Glück gehabt. Davon möchte ich mit diesem Stiftungsgedanken nun etwas abgeben." Die deutsche Kirche könne ihre Priester selbst finanzieren; das gelte für andere Länder aber noch lange nicht. "Ich bin im Priesteramt glücklich – bis heute", unterstreicht Jansen. "Das wünsche ich auch anderen von ganzem Herzen."
Jede Stiftung verfolgt ein anderes Förderziel
"Stiften ist Hoffnung in die Zukunft", bringt es Elke Böhme-Barz, Leiterin der Abteilung Stiftungen und Fundraising des Erzbistums, auf den Punkt. "Manche Menschen tragen oft Jahre, manchmal Jahrzehnte, den Wunsch in sich, eine Stiftung ins Leben zu rufen. Damit verknüpft sich der Wunsch, der Nachwelt etwas Sinnhaftes zu hinterlassen, was sich mit dem eigenen Namen verbindet. Denn in einer Stiftung bleibt etwas zutiefst Lebendiges von einem Menschen zurück, was nachhaltig über seinen Tod hinaus wirkt."
Knapp 40 solcher lebendigen Organismen – sprich Stiftungen – sind in den letzten Jahren unter dem Dach des Stiftungszentrums entstanden. Mit ganz unterschiedlichen Förderzielen. "Jede erzählt letztlich die ganz individuelle Geschichte ihres Namensträgers und ist Beleg für den Willen, anderen etwas Gutes zu tun. So wird Stiften zu einer Herzensangelegenheit, die tiefe Befriedigung schafft."
Oft komme damit eine große Dankbarkeit zum Ausdruck. "Diejenigen, die gestiftet haben", erklärt Böhme-Barz, "sind geradezu beseelt von dieser Möglichkeit, ihr Vermögen zum Wohl anderer einzusetzen, weil es ihnen selbst zeitlebens gut gegangen ist." Längst seien Stiftungen außerdem zu einem wichtigen gesellschaftlichen und kirchlichen Pfeiler geworden, weil sie wesentliche Bereiche förderten.
"Dafür braucht man keine Millionbeträge", räumt die gelernte Stiftungsmanagerin mit Vorurteilen auf. Schon mit einem fünfstelligen Betrag könne jeder klein anfangen und die eigene Stiftung mit Zustiftungen wachsen lassen. Außerdem habe ein Stifter bereits zu Lebzeiten an der Wirkkraft seiner Stiftung teil und könne sich daran freuen.
Winnekes-Stiftung fördert die Begegnung mit Kunst
Was soll mit dem, was nach uns bleibt, geschehen? Diese Frage hatte mit zunehmendem Alter auch Dr. Katharina und Uwe Winnekes beschäftigt, bevor sie eine Stiftung gründeten. Selbst kinderlos geblieben, ist es der große Wunsch des Paares, das sich seit einigen Jahren im Ruhestand befindet, Kinder und Jugendliche mit Kunst vertraut zu machen und für dieses Anliegen weitere Mitstreiter zu finden, die sich als Spender oder Zustifter in derselben Sache engagieren.
"Weil Kunst den Erfahrungshorizont erweitert und dazu beiträgt, Emotionen und Denken als gleichberechtigte Komponenten erfahrbar und fruchtbar zu machen", begründen die beiden. Wahrnehmen mit allen Sinnen, sich dem Fremden und Unvertrauten mit Empathie öffnen, dabei den eigenen Standort hinterfragen und bestimmen – das alles sind Fähigkeiten bei Heranwachsenden, die die Winnekes – angesichts der wachsenden Bedeutung von Influencern in den sozialen Medien und deren Einflussnahme auf die kindliche Entwicklung – für förderungswürdig erachten.
Dass sich eine solche Haltung dann vor allem auch in der Begegnung mit Kunst und ihrer Deutungsweise des Lebens herausbilden lässt, entspricht der Überzeugung von Katharina Winnekes, die viele Jahre als Kunsthistorikerin im Kölner Diözesanmuseum "Kolumba" tätig war und dort über ihre Arbeit in der Kunstvermittlung immer wieder in Kontakt mit Jugendlichen kam. "Wenn Kinder und Jugendliche über Kunst die Komplexität der Welt entdecken, ihre Schönheit sowie auch die bohrenden Anfragen an jeden einzelnen Menschen, dann erweitert das ihre Urteilsfähigkeit als Erwachsene", erklärt sie.
"So entsteht eine Grundlage dafür, die Zukunft im Blick auf die Weltgemeinschaft verantwortlich und sensibel mitzugestalten. Den Jüngsten in unserer Gesellschaft entsprechende Anregungen zu bieten und sie in ihren Entwicklungsprozessen zu unterstützen, halte ich für wesentlich."
Einen Beitrag zu mehr Humanität leisten
Literatur, bildende Kunst, Musik – auf diesen Gebieten soll die "Stiftung Dr. Katharina und Uwe Winnekes" wirksam werden und junge Leute fördern. "Jede Investition in den Menschen ist die beste Investition", findet Uwe Winnekes, der als Maschinenbau-Ingenieur viel in der Welt unterwegs war und mit sehr unterschiedlichen Menschen zu tun hatte. Er verbindet mit dem Stiftungsgedanken auch die Option, in der Gesellschaft etwas zu verändern, über die eigene Stiftung einen Beitrag zu mehr Humanität zu leisten.
"In unserer eigenen Kindheit nach dem Zweiten Weltkrieg konnte die Familie uns Zeit schenken und Herzensbildung vermitteln, aber die finanziellen Mittel zur Förderung musischer Talente fehlten." Das Paar sieht darin einen Ansporn: "Heute mögen andere Gründe vorliegen, warum die spielerischen Fantasien und Fähigkeiten von Kindern nicht gefördert werden können.
In diesen Fällen soll die Stiftung helfen." Die jeweilige Zeit, in die hinein man geboren werde, spiele bei der persönlichen Prägung eben eine nicht unwesentliche Rolle, resümiert Uwe Winnekes im Rückblick. Er habe zeitlebens viel Gutes und vielerorts Hilfe erfahren. Davon wollen er und seine Frau nun mit großer Freude etwas zurückgeben.