Kommt das Ende der Staatsleistungen an die Kirchen?

"Es gibt einen klaren Verfassungsauftrag"

Mehr als 500 Millionen Euro zahlt der Staat den Kirchen pro Jahr. Zuletzt wurden Stimmen nach deren Ablösung laut. Antonius Hamers, der Leiter des Katholischen Büros NRW, erklärt, ob das für die Kirchen zum Problem werden könnte.

Symbolbild: Geld überreichen / © Ponderful Pictures (shutterstock)
Symbolbild: Geld überreichen / © Ponderful Pictures ( shutterstock )

DOMRADIO:DE: Was sind diese Staatsleistungen eigentlich?

Pfarrer Dr. Antonius Hamers (Leiter des Katholischen Büros NRW): Diese Staatsleistungen sind Ersatzleistungen, also Kompensation für die sogenannte Säkularisation - in ihrem Ursprung jedenfalls. Diese Säkularisation hat 1803 stattgefunden. Das ist also schon sehr lange her.

In der Folge sind diese Leistungen gezahlt worden, weil die Domkapitel und die Klöster damals aufgelöst und enteignet worden sind. Dann sind diese Staatsleistungen in der sogenannten Weimarer Reichsverfassung 1919 wieder aufgegriffen worden, allerdings mit dem Auftrag, diese Staatsleistungen abzulösen, das heißt, gegen eine Entschädigung einzustellen.

DOMRADIO:DE: Die Staatsleistungen sollten also schon vor 102 Jahren abgeschafft werden. Das wurde aber nie gemacht?

Hamers: Genau. Es ist nicht nur nicht gemacht worden, sondern in den darauffolgenden Kirchenverträgen, den Konkordaten, sind die Staatsleistungen zum Teil sogar bestätigt worden.

DOMRADIO:DE: Über 500 Millionen Euro bekommen die Kirchen durch die Staatsleistungen. Fällt dieses Geld demnächst dann komplett weg?

Hamers: Der Gedanke in der Weimarer Reichsverfassung ist der, dass diese Leistungen eingestellt werden, aber nicht ersatzlos, sondern gegen eine Entschädigung. Und darüber ist eben zu verhandeln, wie hoch die Entschädigung sein muss, wenn diese jährlich wiederkehrenden Leistungen eingestellt werden.

DOMRADIO:DE: Aber im Prinzip spricht aus Ihrer Sicht nichts dagegen?

Hamers: Nein. Es gibt einen klaren Verfassungsauftrag, wie gesagt, aus der Weimarer Reichsverfassung. Und der gilt bis auf den heutigen Tag. Dieser Artikel ist auch im Grundgesetz mit verankert, sodass es einen Verfassungsauftrag gibt. Und dem ist zunächst einmal nichts entgegenzuhalten. Das ist ein Auftrag, der auch auszufüllen ist.

DOMRADIO:DE: Aber diese Verhandlungen können möglicherweise sehr hart sein und die Kirche könnte dadurch am Ende weniger Geld bekommen.

Hamers: Ja, das ist von Land zu Land sehr, sehr unterschiedlich. Also für uns in Nordrhein-Westfalen ist das ein relativ geringer Betrag. Das sind 23 Millionen Euro für beide Kirchen zusammen. Die katholische Kirche kriegt etwas mehr als die evangelische, weil sie einfach größer sind.

Für uns spielt das nicht so die große Rolle. Aber insbesondere für die Kirchen in den östlichen Bundesländern, aber auch in Süddeutschland, sprich in Baden-Württemberg und in Bayern werden weit höhere Beträge gezahlt. Insofern spielt dieses Geld für diese Bistümer dort eine sehr viel größere Rolle als es das bei uns tut.

Das Interview führte Tobias Fricke.

 

Antonius Hamers / © Nicole Cronauge (Katholisches Büro NRW)
Quelle:
DR
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