KNA: Die verschärften Corona-Schutzmaßnahmen machen größere Treffen praktisch unmöglich und schränken die Jugendverbandsarbeit stark ein. Wie gehen die Mitgliedsverbände des BDKJ damit um und welche Empfehlungen spricht der Dachverband aus?
Lisi Maier (Bundesvorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend, BDKJ): Zunächst gibt es keine bundesweiten Regelungen, die Jugendarbeit verbieten. Aber es gibt sehr eingeschränkt und unter strengen Auflagen Möglichkeiten, wie Präsenzangebote stattfinden können. Es lassen sich nur Aktionen ohne große Kontakte durchführen, wie Einzelgespräche, Spaziergänge oder Stadt-Ralleys im Freien.
Wir empfehlen weiterhin, die Entscheidungen darüber, was stattfinden kann, verantwortungsvoll vor Ort zu treffen - auf Grundlage der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Das ist bislang gut gelungen und leistet einen wichtigen Beitrag zum Handeln. Der Großteil der Kinder und Jugendlichen versteht, warum es diese Einschränkungen gibt, und hält sich dementsprechend daran.
KNA: Dennoch sind Treffen schon im familiären Bereich teilweise nur unter großen Umständen möglich, da scheinen regelmäßige Treffen in Jugendgruppen kaum realistisch.
Maier: Also grundsätzlich ist es aktuell so, dass tatsächlich der Großteil der Aktionen im digitalen Raum stattfindet. Pro Woche sind das bundesweit sicherlich 10.000 Angebote der digitalen Freizeitgestaltung für Kinder und Jugendliche. Das sind Bildungsveranstaltungen, digitale Treffen, aber auch Abenddiscos und andere kreative Formen. Auf jeden Fall ist es sehr wichtig, in Kontakt mit den Kindern zu bleiben.
KNA: Und das funktioniert?
Maier: Wir haben schon im ersten Lockdown festgestellt, dass wir Jugendliche aus benachteiligten und armen Familien über die digitalen Angebote viel weniger erreichen können, da unter Umständen kein Computer für sie verfügbar ist. Allein schon deswegen war es uns ein Anliegen, dass etwa Jugendtreffs solange wie möglich geöffnet bleiben können.
Zudem merken wir, dass viele digital-müde werden. Was man im vergangenen April und Mai noch als Herausforderung gesehen hat, etwas Neues aus der Situation zu machen, das nutzt sich langsam ab. Die jungen Menschen zeigen immer größeren Bedarf nach realen Kontakten mit Gleichaltrigen, dem Leitungsteam und mittlerweile auch Lehrkräften.
KNA: Die Corona-Krise hat auch in den Verbänden für einen Digitalisierungsschub gesorgt. Perspektivisch gesehen: Wie wird sich das auf die Jugendverbandsarbeit der Zukunft auswirken?
Maier: Wir haben sicher gelernt, wie wir digitale Formate neu und interessant nutzen können. Gerade wenn es um Beratungen oder Versammlungen geht, die man auch mal in der Zukunft digital stattfinden lassen kann. Im internationalen Austausch konnten zum Beispiel Absprachen schneller über Videokonferenzen getroffen werden.
Versammlungen können auch weiterhin durch digitale Methoden aufgepeppt werden. Das sind sehr positive Erfahrungen, von denen wir sicher auch weiter profitieren. Aber Freizeiten und Zeltlager können nun mal nur schlecht digital stattfinden und da hoffen wir, bald auch wieder in den analogen Raum zurückkehren zu können.
KNA: Im vergangenen Jahr mussten Fahrten kurzfristig abgesagt werden oder fanden nur in sehr abgespeckter Form statt. Was können Sie über den aktuellen Planungsstand für Ferienfahrten in diesem Jahr sagen?
Maier: Ich glaube es ist zurzeit noch schwer einzuschätzen, was mit Pfingst- oder Sommerferien ist. Dennoch ist die Motivation hoch, im Sommer wieder etwas anbieten zu können und teilweise laufen auch die Planungen. Im vergangenen Jahr ging das gut mit tausenden Zeltlagern oder Ferienprogrammen vor Ort. Wir wollen unsere Mitgliedsverbände auf jeden Fall dazu motivieren, auch für die kommenden Ferien ein Programm an den Start zu bringen. Der Wunsch danach ist unter Kindern und Jugendlichen definitiv groß.
KNA: Es wird viel über die Situation von Kindern und Jugendlichen gesprochen, deren Alltag fast nur noch in den eigenen vier Wänden stattfindet und die dadurch belastet sind. Welche Signale erhoffen Sie sich von der Regierung, um hier Abhilfe zu schaffen?
Maier: Es ist erst mal wichtig, die Wünsche von jungen Menschen wahrzunehmen. Und das gelingt einfach am besten, indem man sie auch zu Wort kommen lässt. Jugend- und Schülerorganisationen haben in den letzten Wochen sehr deutlich gemacht, dass sie auch Lösungsvorschläge haben für die anstehenden Beratungen von Bund und Ländern. In der Vergangenheit wurden sie aber zu wenig gehört und ich denke das wäre der nächste Schritt, sie mehr einzubeziehen.
Die Studie "Jugendliche und Corona" der Unis Hildesheim und Frankfurt hat gezeigt, dass fast die Hälfte der Jugendlichen meinen, ihre Interessen würden nicht gehört. Sie fühlen sich zudem oft nur darauf reduziert, ob sie trotz Corona ihre Abschlüsse machen können. Sie wollen aber auch außerhalb ihres schulischen Daseins wahrgenommen werden.
KNA: Etwas weniger im Fokus stehen Studierende, obwohl sie im Grunde mit denselben Problemen konfrontiert sind...
Maier: Da ist es jetzt wichtig, Sicherheit zu geben. Studierende, gerade die aus ärmeren Familien, sehen sich großen Herausforderungen gegenüber. Viele der zur Finanzierung des Studiums so wichtigen Nebenjobs, können zurzeit nicht ausgeübt werden. Dafür muss es weiter entsprechende Staats- und Überbrückungshilfen geben. Junge Absolventen hingegen treffen in der Krise auf einen völlig veränderten Arbeitsmarkt; daraus darf für sie kein Nachteil entstehen.