DOMRADIO.DE: Wie ist denn die Corona-Lage in Spanien entlang des Jakobswegs?
Beate Steger (Pilgerführerin): Das Auswärtige Amt hat für Aragon, Katalonien und Navarra Sicherheitswarnungen herausgegeben. Durch die drei Regionen verläuft ein Teil des Camino Francés, des Hauptweges von den Pyrenäen nach Santiago de Compostela. Insofern kann man eigentlich nicht davon sprechen, dass der Jakobsweg im Moment offen ist. Es gibt aber auch Pilger, die zum Beispiel den portugiesischen Weg von Porto nach Santiago gehen. Die Herbergen sind teilweise - unter großen Sicherheitsvorkehrungen - geöffnet.
DOMRADIO.DE: Das Pilgern an der frischen Luft ist wahrscheinlich weniger das Problem als die Herbergen mit ihren Sammelunterkünften?
Steger: Ja, absolut. Ich meine, die sind auch sonst ein Problem, je nachdem, wie viele Pilger unterwegs sind. In Corona-Zeiten ist das für mich eigentlich undenkbar, dass man das machen möchte.
DOMRADIO.DE: Den Jakobsweg gibt es nicht nur in Spanien, sondern auch in anderen Ländern, zum Beispiel bei uns vor der Haustüre. Wäre es empfehlenswert, eher hier in Deutschland zu pilgern?
Steger: Ja, würde ich auf jeden Fall raten. Ich finde, diese Corona-Zeit ist eine spezielle Zeit. Die lädt vielleicht auch dazu ein, genau hinzuschauen. Was ist mir wichtig? Vielleicht auch in der Heimat mal hinzuschauen, was wir hier alles haben und dankbar dafür zu sein. Wir haben über 10.000 Kilometer ausgewiesene Jakobswege in Deutschland, daneben noch jede Menge anderer Pilgerwege. Es muss ja nicht immer der Jakobsweg sein. Und ich finde, da kann man ganz schöne Sachen unternehmen.
DOMRADIO.DE: Welche Alternativen gibt es hierzulande? Sie haben schon gesagt, es muss nicht der Jakobsweg sein. Sie waren zuletzt vier Tage zum Pilgern im Pfälzer Wald. Was ist daran besonders?
Steger: Für den Pfälzer Wald schreibe ich gerade den Pilgerführer. Ich bin also beruflich vor Ort. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich hatte vorher ein bisschen eine schlechte Meinung vom Pfälzer Jakobsweg gehabt. Ich war der Meinung, na ja, der ist eigentlich nur angelegt, um Touristen in den Pfälzer Wald zu locken. Aber das stimmt nicht. Ich muss da meine Meinung absolut revidieren.
Es ist ein toller Weg, der durch viel Wald führt, vorbei an besonderen Naturdenkmälern wie einer Ansammlung von Mammutbäumen geht, und auch immer wieder Blicke auf die alten Burgen bietet. Da ist alles drin. Außerdem gibt es eine Nord- und Südroute und eine Verbindungsroute. Die bieten zusammen fast 400 Kilometer Pilgerweg. Das ist echt fantastisch!
DOMRADIO.DE: Für viele ist dieses Ankommen in Santiago de Compostela aber auch wichtig. Was wäre in Deutschland so ein möglicher Ankunftspunkt?
Steger: Ich finde, das kann man sich selber festlegen. Wie der Autor Stefan Albus, der das Buch "Santiago liegt gleich um die Ecke" geschrieben hat. Er ist zum Matthias Grab nach Trier gepilgert. Ich könnte aber auch sagen: Mein Kloster Hornbach auf dem Pfälzer Jakobsweg, das ist jetzt mein persönliches Santiago in dieser speziellen Zeit. Das kann aber auch der Kölner Dom sein oder auf dem Lutherweg 1521 von Eisenach über die Wartburg nach Worms kann ich sagen: Der Wormser Dom ist mein Santiago. Ich finde, das kann funktionieren. Mit ein bisschen Fantasie sollte das schon möglich sein.
DOMRADIO.DE: Unter den Verlierern in der Coronavirus-Pandemie entlang des Jakobswegs sind vermutlich die Menschen, die normalerweise davon leben, dass Pilger auf dem Jakobsweg nach Spanien bei ihnen vorbeikommen.
Steger: Ja, auf jeden Fall. Die Herbergen haben natürlich schwer zu kämpfen. Es gibt auch die Möglichkeit zu spenden, indem man jetzt schon eine Übernachtung bucht und bezahlt, obwohl man die Pilgerfahrt noch nicht angetreten hat. Das ist natürlich wie überall auch in Deutschland für viele schwierig. In Heidelberg musste gerade ein großes Hotel schließen. Ich denke, dass ist überall gleich.
Das Interview führte Dagmar Peters.