Die Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche hakt an vielen Stellen. Zurückgehaltene oder teilweise geschwärzte Gutachten sorgen bei Betroffenen und Beobachtern gleichermaßen nicht selten für Unverständnis. Hinzu kommt eine sehr leidenschaftlich geführte Diskussion über die Notwendigkeit und die konkrete Gestaltung von Reformen.
Für seine Rolle bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals wurde Klaus Mertes mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Dem ehemaligen Schulleiter am Canisius Kolleg in Berlin ist klar: "Solange es der Kirche primär um die Wiedergewinnung von Glaubwürdigkeit geht, werden alle Bemühungen zur Aufarbeitung kontraproduktiv sein." Neue Wege müssten beschritten werden, so Mertes weiter. Hilfreich können dabei die Erfahrungen der Supervisorin Ulla Stollenwerk sein. Sie wird angefragt, wenn in einer Kirchengemeinde oder Kindertagesstätte Missbrauchsfälle angezeigt werden. Ihre Erfahrung zeigt: "Es wird nie mehr sein, wie es vorher war."
Davon ist auch Johanna Beck, Mitglied im Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz, überzeugt: "Die Vergangenheit kann nicht mehr rückgängig gemacht werden – aber sie muss handlungsleitend für die Gegenwart und für die Zukunft sein." Wie schwierig sich Aufarbeitung gestaltet, erlebt auch Markus Hofmann als Generalvikar des Erzbistum Kölns. Papst Franziskus schickte zwei Visitatoren nach Köln, die die komplexe Situation beurteilen sollten.
Mit diesen vier Personen diskutierte der Leiter der Karl Rahner Akademie in Köln, Norbert Bauer, im Juni 2021.
Erstsendung: 18.07.2021