Essener Tafel nimmt vorerst nur Deutsche auf

"Damit Oma weiter zu uns kommt"

Der starke Andrang von Zuwanderern bei den Gratis-Essensausgaben an Bedürftige in NRW hat die Tafel Essen zu einem ungewöhnlichen Schritt veranlasst. Die Tafel nimmt bis auf weiteres keine Ausländer als Neukunden mehr an.

Essensausgabe vor einer "Tafel"-Einrichtung / © Harald Oppitz (KNA)
Essensausgabe vor einer "Tafel"-Einrichtung / © Harald Oppitz ( KNA )

Die Essener Tafel hat einen Aufnahmestopp für Ausländer verhängt und nimmt bis auf weiteres nur Bedürftige mit deutschem Pass als neue Kunden auf. Der Anteil der Migranten unter den 6.000 Nutzern der Tafel sei auf 75 Prozent angestiegen, erklärte die Tafel zur Begründung auf ihrer Internetseite.

"Um eine vernünftige Integration zu gewährleisten", sehe sich die Tafel gezwungen, "zurzeit nur Kunden mit deutschem Personalausweis aufzunehmen". Der Landesverband der Tafeln in NRW zeigte Verständnis für den Schritt und verwies auf den großen Andrang bei den Tafeln. Kritik übte die Partei "Die Linke" in NRW.

Ältere Deutsche fühlten sich abgeschreckt

"Wir wollen, dass auch die deutsche Oma weiter zu uns kommt", sagte der Vorsitzende der Essener Tafel, Jörg Sartor, der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (Online) in Essen, die über die Maßnahme berichtet hatte. In den vergangenen zwei Jahren seien ältere Tafel-Nutzer sowie alleinerziehende Mütter offenbar einem schleichenden Verdrängungsprozess zum Opfer gefallen. Nachfragen hätten ergeben, dass sich gerade ältere Nutzerinnen von der Vielzahl junger, fremdsprachiger Männer an den Ausgabestellen abgeschreckt fühlten.

Ein Korb mit Lebensmitteln von der Tafel / © Julian Stratenschulte (dpa)
Ein Korb mit Lebensmitteln von der Tafel / © Julian Stratenschulte ( dpa )

Vor dem Beginn des starken Flüchtlingszuzugs im Jahr 2015 sei jeder dritte Tafel-Kunde Zuwanderer oder Flüchtling gewesen, sagte Sartor dem Blatt. Inzwischen mache diese Gruppe aber drei Viertel aller Bedürftigen aus, die von der Tafel Lebensmittel erhalten. Daher habe der Vorstand im Dezember beschlossen, nur noch deutsche Kunden neu aufzunehmen. Dies werde seit Mitte Januar umgesetzt und zwar "so lange, bis die Waage wieder ausgeglichen ist".

Die stellvertretende Vorsitzende des Landesverbandes der Tafeln in NRW, Claudia Manousek, zeigte Verständnis für den Schritt der Essener Tafel. Der Andrang an den Tafeln im Land sei in den vergangenen Monaten einfach zu groß geworden, sagte Manousek dem Evangelischen Pressedienst (epd).

In Städten wie etwa Dortmund gebe es deshalb mittlerweile eine Warteliste, Neukunden würden dort derzeit nicht mehr aufgenommen. Zudem wolle man nicht, dass Menschen nun nicht mehr kommen, weil sie möglicherweise abgeschreckt würden. Überdies sei die Maßnahme der Essener Tafel nur vorübergehend, betonte Manousek. Der Vorsitzende der Tafel habe ihr gegenüber bereits erklärt, dass der Aufnahmestopp für Migranten vermutlich in sechs Wochen wieder aufgehoben werden könne.

Kritik von den Linken

Die Linke in NRW kritisierte die Entscheidung der Essener Tafel. Es sei "eine Schande, dass in einem so reichen Land wie Deutschland überhaupt Menschen gezwungen sind, zur Tafel zu gehen, weil sie sich kein Essen leisten können", sagte das Mitglied im Landesvorstand der Partei, Jules El-Khatib. Solange dies so sei, dürfe "es nicht von der Herkunft abhängen, ob Menschen Nutzer der Tafel werden", betonte er.

In Deutschland gibt es rund 930 Tafeln, die überschüssige Lebensmittel sammeln und damit regelmäßig bis zu 1,5 Millionen Menschen mit Lebensmitteln versorgen. Dafür sind über 60.000 ehrenamtliche Helfer aktiv. Die bundesweit erste Tafel entstand vor 25 Jahren in Berlin. In NRW existieren derzeit rund 170 Tafeln.

Tafeln in Deutschland

Die bundesweit agierenden Tafeln haben sich in den vergangenen 20 Jahren zu einer der größten sozialen Bewegungen in Deutschland entwickelt. Waren es 2002 noch gut 300, gibt es heute bundesweit etwa 900 Tafeln mit rund 2.100 Tafel-Läden und Ausgabestellen. Bei ihnen engagieren sich circa 60.000 ehrenamtliche Mitarbeiter. Alle zusammen versorgen sie mehr als 1,5 Millionen Menschen mit Lebensmitteln, die sie als Spenden im Handel und bei Herstellern gesammelt haben.

Helfer sortieren  Salat bei der Lebensmittelausgabe in der Kirche Sankt Karl Borromäus in Köln / © Harald Oppitz (KNA)
Helfer sortieren Salat bei der Lebensmittelausgabe in der Kirche Sankt Karl Borromäus in Köln / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
epd