Ethiker mahnt wissenschaftlichen Blick bei Sexualethik an

Vorbehalte ausräumen

Eine neue Sexualethik der katholischen Kirche darf wissenschaftliche Erkenntnisse zu geschlechtlichen Identitäten nach Worten des Sozialethikers Andreas Lob-Hüdepohl nicht außer Acht lassen. Er verwies auf ein Papier aus Australien.

Andreas Lob-Hüdepohl (m.) / © Max von Lachner (SW)
Andreas Lob-Hüdepohl (m.) / © Max von Lachner ( SW )

Dies würde "die personale Identität der Menschen faktisch erneut halbieren", schreibt der Theologe in einem Gastbeitrag für das Portal katholisch.de am Freitag. Vorbehalte, wie sie in der vergangenen Woche bei der Vollversammlung des Synodales Wegs deutlich geworden waren, müssten ausgeräumt werden.

Symbolbild: Mehr als zwei Geschlechter / © Miriam Doerr Martin Frommherz (shutterstock)
Symbolbild: Mehr als zwei Geschlechter / © Miriam Doerr Martin Frommherz ( shutterstock )

Grundlagentext zur Sexualmoral beim Synodalen Weg gescheitert

Bei der vierten Vollversammlung des Reformprozesses der katholischen Kirche in Deutschland war ein Grundlagentext für eine Liberalisierung der katholischen Sexualmoral an der Sperrminorität von Bischöfen gescheitert. Die Ablehnung hatte zu einer großen Krise bei der Vollversammlung und zu emotionalen Debatten geführt.

Die Vorbehalte gegenüber den Ausführungen zur Vielfalt geschlechtlicher Identitäten verzögerten notwendige Entwicklungen in der Kirche, so Lob-Hüdepohl. Vor allem aber blockierten sie "den Anschluss an wichtige Erkenntnisse der Humanwissenschaften. Und sie erschweren den Abbau von Ressentiments gegenüber queeren Menschen."

Befunde humanwissenschaftlicher Expertise

Queer ist ein Sammelbegriff für Menschen, die nicht heterosexuell sind sowie für Personen, deren geschlechtliche Identität nicht mit gesellschaftlichen Vorstellungen übereinstimmt. Diese Menschen kämpften "um die Anerkennung ihrer Menschenwürde, ja ihrer Gottesebenbildlichkeit", betont das Ethikratsmitglied.

Daher gelte es, sich "von manch schrillen Tönen der Gender-Debatte nicht beeindrucken" zu lassen, sondern nüchtern die Befunde humanwissenschaftlicher Expertise aufzugreifen. Derzufolge gelte auch für das biologische Geschlecht die Formel: "bipolar, statt strikt binär". Dieses Verständnis sei "offen für eine Vielzahl von Nuancierungen", erklärt Lob-Hüdepohl: "In Kombination mit dem sozialen Geschlecht weitet sie sich zu einer Fülle unterschiedlicher geschlechtlicher Identitäten."

Verweis auf Papier der australischen Bischöfe

Der Ethiker verwies auf das Papier "Created and Loved" der australischen Bischöfe, das in diesem Zusammenhang als "Blaupause" dienen könne. Demnach bildeten sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität, beide in komplexen Prozessen entwickelt, zusammen die sexuelle Identität des Menschen. Nichts davon, so Lob-Hüdepohl, widerspreche dem christlichen Menschenbild.

Text zu Sexualethik bei Synodalversammlung durchgefallen

Das Grundsatzpapier des Synodalen Wegs für eine Liberalisierung der katholischen Sexuallehre ist an der Sperrminorität der Bischöfe gescheitert. Bei der finalen Abstimmung in Zweiter Lesung votierten in Frankfurt 82,8 Prozent der anwesenden Delegierten des Reformdialogs für den Text, die ebenfalls notwendige Zweidrittel-Mehrheit der Bischöfe wurde jedoch knapp verfehlt: 61,1 Prozent der anwesenden Bischöfe stimmten dafür, 38,9 Prozent dagegen.

Ein Gerät für die digitale Abstimmung bei der Synodalversammlung / © Julia Steinbrecht (KNA)
Ein Gerät für die digitale Abstimmung bei der Synodalversammlung / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA
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