Ethikrat bei Bewertung von Down-Syndrom-Bluttest gespalten

Zwischen Ablehnung und Befürwortung

Die Mitglieder des Deutschen Ethikrats sind bei der Bewertung des umstrittenen Bluttests zur Früherkennung von Down-Syndrom bei Embryonen zu keinem einhelligen Urteil gekommen. Die katholischen Vertreter legten ein Sondervotum ab.

 (DR)

In der am Dienstag vorgestellten Stellungnahme des Gremiums zur Gendiagnostik empfiehlt die Mehrheit der Mitglieder, dem Test gewisse Einschränkungen aufzuerlegen. So soll er nach Auffassung der Experten nur bei Vorliegen eines erhöhten Risikos für eine genetisch bedingte Erkrankung angewendet werden. Der Stellungnahme sind aber zwei Sondervoten beigefügt: Eines verlangt noch strengere Regeln für den Test; das andere findet den Kompromiss bereits zu weitgehend.

Der "PraenaTest" der Konstanzer Firma Lifecodexx ist seit vergangenem August verfügbar und wurde seitdem nach Angaben des Unternehmens von rund 2.000 Frauen genutzt. Über eine Probe des Bluts der Schwangeren soll er mit hoher Wahrscheinlichkeit angeben können, ob das Kind den Gendefekt Trisomie 21, bekannt als Down-Syndrom, hat.

Auch die Trisomien 13 und 18 sollen seit Februar damit nachweisbar sein. Bis zu dem Test war der Nachweis nur über die als risikoreich geltende Fruchtwasseruntersuchung möglich. Kritiker bemängeln, über das für Mutter und Kind risikoarme Verfahren würde eine Art Rasterfahndung betrieben mit dem Ziel, behinderte Kinder abzutreiben.

Der Ethikrat gibt zu bedenken, dass der Test schon ab der zehnten Schwangerschaftswoche angewendet werden kann. Erst nach der zwölften Schwangerschaftswoche ist eine Abtreibung nicht mehr ohne weiteres möglich. Eine klare Empfehlung gibt er in diesem Punkt aber nicht ab.

Katholiken: Keine öffentliche Förderung

Die katholischen Theologen Eberhard Schockenhoff und Anton Losinger sowie der Medizinethiker Thomas Heinemann und Autor Peter Radtke fordern in ihrem Sondervotum, auf eine öffentliche Förderung der Bluttests zu verzichten und sie auch nicht in den Leistungskatalog der Krankenversicherungen aufzunehmen. Der Test stehe im Widerspruch zur Verpflichtung, die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu schützen, begründen sie ihre Position. Die Experten verwiesen dabei auf die hohe Abtreibungsquote bei positiven Testergebnissen, die laut Studien bei rund 90 Prozent liegt.

In einem anderen Sondervotum erklären vor allem Juristen im Ethikrat wie der stellvertretende Vorsitzende Jochen Taupitz und der Staatsrechtler Reinhard Merkel, dass sie gewisse Einschränkungen wie das Gebot eines vorhandenen Risikos nicht mittragen können. Sie verweisen dabei auf das Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren.

Die aktuelle Stellungnahme des Ethikrats befasst sich mit den Chancen und Risiken der genetischen Diagnostik allgemein. Die Sachverständigen prüften im Auftrag der Bundesregierung, welche ethischen Probleme genetische Untersuchungen aufwerfen und ob die derzeit geltenden Gesetze an neue Techniken angepasst werden müssen.

Kritik des Behindertenbeauftragten

Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, vermisst in der aktuellen Stellungnahme des Ethikrats konkrete Forderungen. Die Warnung vor einem auf Gene fixierten Blick auf den Menschen sei "ja okay", sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Wir werden vielleicht aufklären und den ein oder anderen wachrütteln." Es habe sich aber gezeigt: "Wenn der Gesetzgeber nicht eingreift, wird gemacht, was angeboten wird", sagte Hüppe auch mit Blick auf die umstrittenen pränatalen Untersuchungen auf Trisomie 21 (Down-Syndrom).

Der Ethikrat habe erkannt, dass die Gesellschaft in eine Technologie hineinstolpere. Ihm scheine auch das Dilemma bewusst zu sein, das mit neuer und immer preiswerterer Technologie verbunden ist, sagte Hüppe. "Er scheut sich aber zu sagen, wo die Grenze ist oder wo wir eine andere Richtung einschlagen müssen."

Hüppe kritisiert auch die Ausführungen und Empfehlungen zu dem umstrittenen Test, bei dem über das Blut einer Schwangeren nachgewiesen werden soll, ob das Kind Down-Syndrom hat. Die Mehrheit des Ethikrats spricht sich dafür aus, dem Test Einschränkungen aufzuerlegen, ihn beispielsweise nur für Risikofälle zuzulassen. "Es bleibt im Dunkeln, was damit gemeint ist", sagte Hüppe und ergänzte: "Wer den 'PraenaTest' auf sogenannte Risikofälle beschränken will, muss schon genau sagen, was gesetzlich oder in Richtlinien festgelegt werden soll: Meint man ein bestimmtes Alter der Schwangeren?"

Er finde es zudem enttäuschend, dass auf die diskriminierende Wirkung des Tests "nur am Rande verwiesen wird". Der Test solle nur eins machen: "Er soll nach Menschen mit Down-Syndrom fahnden", betonte Hüppe, der den Test wiederholt scharf kritisiert hatte. Bisher sehe das Gendiagnostikgesetz vor, dass solche Tests nur therapeutischen oder gesundheitlichen Zwecken dienen sollen. Diesen Nutzen habe der Test nicht. "Hier geht es wirklich nur darum, dass Menschen mit Down-Syndrom ausfindig gemacht werden sollen mit der Folge, dass in 90 bis 95 Prozent der Fälle das Kind abgetrieben wird", sagte Hüppe.


Quelle:
epd