Ethikrat müsse laut Nass in Impfdebatte aufgewertet werden

Wider die gesellschaftliche Spaltung

Der Kölner Sozialethiker Elmar Nass ist überzeugt, dass eine Stärkung des Ethikrats in der Debatte um eine Impfpflicht einer gesellschaftlichen Spaltung entgegenwirken kann. Dafür müsse er dringend aufgewertet werden.

Pressekonferenz des Deutschen Ethikrats  / © Michael Kappeler (dpa)
Pressekonferenz des Deutschen Ethikrats / © Michael Kappeler ( dpa )

In der Debatte um eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus sollte aus Sicht des Kölner Sozialethikers Elmar Nass die Stellung des Deutschen Ethikrats gestärkt werden. So könne die Gefahr einer gesellschaftlichen Spaltung entschärft werden, wenn der Ethikrat "im Procedere öffentlicher Entscheidungsfindung und in der Verbindlichkeit seiner Empfehlungen aufgewertet wird", schreibt Nass in einem Gastbeitrag für das Portal katholisch.de (Mittwoch).

Ohne politische Beauftragung

Das Gremium solle grundsätzliche ethische Fragen auch ohne eine "ausdrückliche politische Beauftragung" öffentlich diskutieren und "Empfehlungen mit hoher moralischer Verbindlichkeit" formulieren, so der Sozialethiker. "Wenn seine Empfehlungen politisch ignoriert werden, sollte damit zumindest eine moralische Rechtfertigungspflicht verbunden sein." Grundlage ist aus Sicht von Nass, dass bei der Frage der Impfpflicht eine Entscheidung "aus Verantwortung in Freiheit" einer staatlich verordneten Pflicht möglichst vorzuziehen ist.

Befriedende Wirkung

Nass betont: "Es müssen die ernst zu nehmenden Gründe derer aufmerksam gehört werden, die sich nicht impfen lassen wollen." Zugleich müsse mit "Fake News" und Vorurteilen aufgeräumt werden. "Wenn die entscheidenden Argumente der Impfgegner im offenen Diskurs mit guten moralischen Gründen auf Grundlage der personalen menschlichen Würde vom Ethikrat widerlegt werden können, so kann auch mit befriedender Wirkung eine allgemeine moralische Pflicht begründet werden, sich impfen zu lassen."

Mehr Akzeptanz

Nass zeigte sich überzeugt davon, dass unter solchen Bedingungen die Akzeptanz einer Impfpflicht deutlich erhöht werde. So könne einer gesellschaftlichen Spaltung "nachhaltig" entgegenwirkt werden. "Denn nach einer so geführten Diskussion werden nur noch wenige Impfgegner bleiben." Sollten sich dennoch weiterhin Menschen einer Impfung verweigern, wäre dies aus Sicht des Sozialethikers "ein Ausweis fehlender sozialer Tugend". Langfristig mache deren Verhalten eine "notwendige Nachjustierung der Tugendbildung offenbar".

Würden jedoch in einem öffentlich gemachten Diskurs des Ethikrates die Argumente von Impfgegnern nicht hinreichend widerlegt werden können, könne auch eine allgemeine Impfpflicht "weder moralisch gefordert noch juristisch legitimiert" werden, schreibt Nass. Bei fehlender Legitimierung könne allenfalls eine bereichsspezifische Impfpflicht etwa in Pflegeheimen moralisch begründbar sein.

Quelle:
KNA