Ettal legt neuen Bericht zur Aufarbeitung von Missbrauch vor

Zwei laufende Verfahren

Das Kloster Ettal hat am Freitag einen neuen Bericht zum Stand der Aufarbeitung von Vorwürfen sexuellen Missbrauchs und körperlicher Misshandlung vorgelegt. Demnach liegen der Abtei bisher 80 Berichte von Zeugen und Opfern vor. Gegen zwei Beschuldigte ermittle die Staatsanwaltschaft wegen noch nicht verjährter Vorwürfe.

 (DR)

Auf die Zeit zwischen 1950 und 1980 bezögen sich insgesamt 119 Vorwürfe. Sie richteten sich gegen 13 Patres, von denen sieben bereits verstorben seien, und zwei weltliche Erzieher.

In 31 Fällen geht es dem Bericht zufolge um sexuellen Missbrauch, wobei mit 24 Vorwürfen der Großteil einem unlängst verstorbenen Benediktinerpater zur Last gelegt wird. Nach seinem Tod war auf seinem Rechner ein Geständnis der Übergriffe gefunden worden. Alle noch lebenden Patres und Erzieher, denen körperliche Gewalt gegen Kinder und Jugendliche vorgeworfen werde, seien nicht mehr pädagogisch im Kloster tätig.

Die Abtei bekundet die Absicht zu individuellen Hilfen für die Opfer. Auf Anregung der Opferhilfsorganisation «Weißer Ring» sei auch die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs geschaffen worden. Die Kosten für die damit verbundene Einschaltung eines unabhängigen Mediators würden vom Kloster getragen. Bei weiteren Hilfen wolle sich das Kloster an den «in Fortschreibung befindlichen Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz orientieren». Zur Frage etwaiger Entschädigungen enthält der Bericht keine weiteren Angaben.

Die Ettaler Benediktiner verlangen künftig bei Neueinstellungen von Erziehern und Lehrern ein erweitertes und aktuelles polizeiliches Führungszeugnis. Auch an Ordensmitglieder müssten strengere Maßstäbe an Qualifikation und persönliche Eignung angelegt werden, heißt es. Fortbildungen sensibilisierten für unangemessene vertrauliche Berührungen im erzieherischen Umgang mit jungen Menschen. Außerdem seien klare Verhaltensregeln für «eine fachlich adäquate Distanz» zwischen Mitarbeitern und Schülern aufgestellt worden. Transparente Beschwerdestrukturen sollen außerdem künftig Gefährdungsmomente minimieren.

Zu den Differenzen mit dem Münchner Erzbischöflichen Ordinariat heißt es in dem Bericht, inzwischen seien mehrere Gespräche geführt worden, um die Zusammenarbeit zu verbessern. Dabei sei es vor allem darum gegangen, wie künftig die Kommunikation in Erziehungsfragen effektiver gestaltet werden könne.

Ettaler Abt: Dieses Amt ist eine «schwere Bürde»
Der jüngst von seinen Mitbrüdern wiedergewählte Ettaler Benediktinerabt Barnabas Bögle sieht sein Amt als eine «schwere Bürde». Aufgabe der Gemeinschaft werde es sein, zuerst den Missbrauch aufzuklären, sagte Bögle der «Süddeutschen Zeitung» (Freitag). Dazu aber komme: «Wir müssen über unser Zusammenleben reden, über unsere Sexualität, das sind wir noch nicht gewohnt.»

Bögle war im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal auf Drängen der Leitung des Münchner Erzbistums Ende Februar zurückgetreten. Dem Abt war vom Erzbistum im Zuge der Aufarbeitung vorgeworfen worden, 2005 einen Verdachtsfall nicht pflichtgemäß gemeldet zu haben. Im März folgte eine mehrtägige Apostolische Visitation des Klosters, nach der die Visitatoren der Ordenskongregation zu einem anderen Ergebnis kamen. Damit stand einer Rückkehr des Abts in sein Amt nichts im Wege. Die Wiederwahl erfolgte am 11. Juli.

Der Abt räumte ein, im Nachhinein habe er erkannt, seine Mitbrüder und er seien unfähig gewesen, miteinander zu sprechen und zuzuhören. «Das ist ein großes Versagen.» Es werde ein langer Prozess sein, um als Gemeinschaft wieder sprachfähig zu werden. Aber nur so könne es gelingen, dass die Täter ihre Schuld zugeben. Zugleich sagte Bögle, dass es manchmal schwer falle, gemeinsam zu beten. «Gemeinsam mit dem Altabt, der zu den Beschuldigten gehört. Gemeinsam mit den Mönchen, denen man sagen muss, dass sie Täter sind.»

Nach dem Bekanntwerden der ersten Missbrauchsfälle sei die Mönchsgemeinschaft «furchtbar hilflos» gewesen, so Bögle. Dies treffe aber nicht mehr zu. Nun müsse man daran arbeiten, «dialogfähig, transparent und glaubwürdig» zu werden. Dazu gehöre auch, sich Hilfe von außen zu holen, um die Gewalttaten gegen Kinder und Jugendliche aufzuarbeiten. Außerdem fänden bereits die ersten Supervisionsstunden statt, um in der Gemeinschaft miteinander reden zu lernen.

Auch Hilfe von theologischer Seite sei nötig, da wesentliche Elemente des benediktinischen Lebens nicht ernst genommen worden seien, betonte der Abt. Bezüglich einer finanziellen Entschädigung der Opfer wolle das Kloster abwarten, wie die Deutsche Bischofskonferenz sich entscheiden werde. Kommende Woche gebe es aber bereits ein Treffen mit Opfervertretern. Das Kloster werde das Geld aus der eigenen Kasse aufbringen. Schon jetzt würden Therapiekosten übernommen.

Dem «Münchner Merkur» (Freitag) sagte der 53-Jährige, er könne sich gut vorstellen, dass die Aufarbeitung all dessen, was passiert sei, seine Lebensaufgabe werde. Die Opfer bat er im Namen der Gemeinschaft erneut um Verzeihung, für das ihnen widerfahrene Leid. Alle die geschädigt worden seien, mögen sich an die eigens eingerichtete Opferhilfestelle wenden.