EU-Recht gibt Asylbewerbern kein Recht auf legale Einreise

Riegel vor

Haben Flüchtlinge aus Bürgerkriegsländern das Recht auf ein humanitäres Visum für die Einreise in die EU? Auf diese Frage hat nun der Europäische Gerichtshof eine Antwort geben. Die Regierungen mancher EU-Staaten dürften erleichtert sein.

Syrischer Pass / © Michael Kappeler (dpa)
Syrischer Pass / © Michael Kappeler ( dpa )

EU-Staaten sind nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht verpflichtet, Asylbewerbern ein Visum zur legalen Einreise auszustellen. Aus dem Unionsrecht ließen sich keine derartigen Verpflichtungen ableiten, argumentierte das oberste Gericht der EU am Dienstag in Luxemburg. Maßgeblich sei allein das nationale Recht.

Klage einer syrischen Familie abgewiesen

In dem Ausgangsverfahren für das EuGH-Urteil ging es um ein syrisches Ehepaar, das mit seinen drei kleinen Kindern aus dem lange umkämpften Aleppo nach Europa fliehen wollte. Es beantragte dazu im belgischen Konsulat im libanesischen Beirut Visa. Das belgische Ausländeramt lehnte die Anträge ab.

Die Behörde argumentierte, dass sich die Familie länger als die mit einem Visum bewilligten 90 Tage in Belgien aufhalten wollte - schließlich wollten die Syrer dort Asylanträge stellen. Zudem seien EU-Staaten nicht verpflichtet, alle Menschen aufzunehmen, die eine katastrophale Situation durchlebten, hieß es.

Gericht widerspricht Argumentation

Der zuständige EuGH-Generalanwalt hatte dieser Argumentation Anfang Februar in einem aufsehenerregenden Gutachten widersprochen. Er schrieb, die Erteilung nationaler Visa werde von einer EU-Verordnung geregelt. Damit gelte auch die Grundrechtecharta der Union. Die wiederum schreibt das Recht auf Asyl fest und verbietet Folter und andere unmenschliche und entwürdigende Behandlung - reale Gefahren für die syrische Familie, unterstrich der Gutachter. Damit müsse ein EU-Staat in solchen Fällen Visa zur Einreise vergeben und Schutzsuchenden die Möglichkeit geben, in Europa Asyl zu verlangen.

Dieser Argumentation widersprach nun das Gericht. Es wies darauf hin, dass der Visakodex nur für geplante Aufenthalte von höchstens drei Monaten gelte. Die syrische Familie habe aber ihre Anträge auf Visa aus humanitären Gründen in der Absicht gestellt, in Belgien Asyl und somit einen nicht auf 90 Tage beschränkten Aufenthaltstitel zu beantragen.

Pro Asyl kritisiert Urteil

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl wertete die Entscheidung als "trauriges Urteil". Im "Mittelmeer wird nun weiter gestorben", sagte Karl Kopp, Europa-Referent von Pro Asyl. Denn Flüchtlinge hätten so gut wie keine Möglichkeit, legal nach Europa zu kommen, um dort einen Asylantrag zu stellen. "Humanitäre Visa werden so gut wie gar nicht erteilt", sagte Kopp.

Es fehle an EU-Regelungen, die verbindlich die humanitäre Reise von Flüchtlingen regelt, die von Tod und Folter bedroht seien. Das Dilemma sei, dass die Politik diese Möglichkeit trotz Menschenrechtskonvention und EU-Grundrechtecharta nicht schaffen will. "Damit werden die EU-Werte verraten", sagte Kopp.


Quelle:
dpa , epd