Evangelische Fastenaktion will zu Nachsicht anregen

Sieben Wochen mit großem Herz

Zahlreiche Fastenaktionen geben Impulse für die bevorstehenden sieben Wochen. Die evangelische Kirche stellt in diesem Jahr nicht den Verzicht in den Mittelpunkt, sondern Neugier und Nachsicht.

Eine Familie / © NN (KNA)
Eine Familie / © NN ( KNA )

domradio.de: "Großes Herz! Sieben Wochen ohne Enge" - so heißt das Motto der Fastenaktion. Was ist damit gemeint?

Arndt Brummer (Geschäftsführer der Aktion Fastenkalender): Fasten ist ja ein althochdeutscher Begriff, der uns auch im Englischen begegnet: "Fasten your seatbelts", das heißt nämlich nicht auf Nahrung verzichten oder Askese üben, sondern es heißt sich entschließen, beschliessen, festhalten. Wir haben uns vor etwa einem Jahr gedacht, wir müssten mal schauen, wo die Leute im Jahr 2016 mal ihr Leben selbst betrachten sollten, welche Perspektive sie wählen sollten und da dachten wir, dass angesichts der geistigen und moralischen Enge in ganz vielen Lebensbereichen, zum Beispiel auch am Umgang mit Menschen, die anderer Meinung sind, dass es gut wäre, zu sagen: öffne Dein Herz, lass die Leute rein, gewähre ihnen Gastrecht, setze Dich mit ihnen hin und rede mit ihnen.

domradio.de: Und für wen oder was brauchen wir im Moment ein großes Herz?

Brummer: Das geht in ziemlich alle Richtungen. Jesus sagt "Deine Feinde sollen Deine Hausgenossen sein", Tue Gutes, jenen, die Euch hassen". Das gilt auf der einen Seite natürlich für diese zahlreichen Menschen, denen man Heimat und Lebensgrundlage in Syrien entzieht, den sogenannten Flüchtlingen. Christen kennen keine Nationalität, sie haben die Tür für alle offen zu halten und ihr Herz. Das schöne Wort Barmherzigkeit steckt da drin.

Das gilt aber auch für jene, die sagen, ich habe Angst, ich mache mir Sorgen - auch mit denen zu reden und für sie offen zu sein und sie nicht abzuwatschen und dann den Rattenfängern von Pegida und anderen in die Arme zu schicken, sondern setzt euch her und erzählt, wovor ihr Angst habt, auch Großherzigkeit denen gegenüber.

domradio.de: Das ist ja dann ein richtiger Kalender, den man bekommt. Was für Impulse stehen denn ganz konkret drinnen?

Brummer: Wir haben Wochenmottos für die Aktion und das sind immer Bezüge auf die Bibel. "Ist verziehen" bezieht sich auf die Geschichte von Esau und Jakob. Jakob hat ja Esau um sein Erstgeburtsrecht betrogen, ist dann in die Fremde gezogen und kommt zurück und sieht seinen Bruder mit einigen hundert Leuten am Berg stehen und auf ihn wartend. Da hat er ein ganz blödes Gefühl und denkt, jetzt wird er mich dafür bestrafen, dass ich ihm damals das Erstgeburtsrecht geklaut habe, aber Esau geht auf ihn zu, nimmt ihn in den Arm und sagt, schön, dass Du wieder da bist, Bruder, vergessen wir die alte Kacke, uns geht´s gut, komm lass uns zusammen sein, das ist verziehen. Großzügig sein ist so ein Punkt, wo unsere Wochenmottos dann von Intellektuellen und auch von normalen Menschen aufgegriffen und mit ihren Erfahrungen verstärkt werden.

domradio.de: Gedanken, die einen in der Fastenzeit berühren, wirken ja auch nach Ostern weiter. Ist das so gedacht?

Brummer: Das ist so gedacht. Die sieben Wochen geben Gelegenheit an seinem eigenen Alltag entlang zu gucken, was kann ich denn verändern? Die Nachhaltigkeit auch in dieser Frage ist das Ziel, dass ich sage, ich schaffe es, mit meinen Nachbarn anders umzugehen, ich schaffe es, mit meiner Familie anders umzugehen, nicht mehr so kleinlich zu sein, großzügig zu sein, auch wenn jemand mal einen dummen Spruch macht, zu sagen, das war jetzt ein dummer Spruch aber lass uns drüber weggucken. Großzügigkeit, Nachsicht - das ist wichtig in unserem Leben, sonst siegt die Aggression und nicht die Grundidee von Glaube, Hoffnung und Liebe, die uns Jesus in so genialer Weise vermittelt hat.

Das Interview führte Heike Sicconi.


Quelle:
DR