Evangelische Gemeinde fürchtet keine Folgen nach AfD-Protest

"Zu unseren Gottesdiensten eingeladen"

Nach einer kirchlichen Protestaktion gegen die AfD hat der Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Gelsenkirchen und Wattenscheid, Heiner Montanus, keine Angst vor rechtlichen Konsequenzen.

Evangelische Altstadtkirche in Gelsenkirchen / © Tobias Arhelger (shutterstock)
Evangelische Altstadtkirche in Gelsenkirchen / © Tobias Arhelger ( shutterstock )

"Wir haben die Kirchenglocken nicht pausenlos geläutet, sondern damit zu unseren Gottesdiensten eingeladen", sagte der leitende Theologe des Kirchenkreises mit rund 78.000 Protestanten dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die AfD hatte eine evangelische und eine katholische Kirchengemeinde in Gelsenkirchen angezeigt, weil deren Kirchenglocken in der Nähe einer Wahlkampfveranstaltung am 9. April oft geläutet hatten. Die Partei stützt sich auf Paragraf 21 des Versammlungsgesetzes. Darin wird die Absicht unter Strafe gestellt, "nicht verbotene Versammlungen" zu verhindern oder "grobe Störungen" zu verursachen. Die Staatsanwaltschaft Essen prüft, ob in dem Fall ein Verdacht auf eine Straftat vorliegt.

Gottesdienste zum Thema Klimaschutz, Demokratie und Nächstenliebe

Montanus erläuterte, die evangelische Altstadtkirche habe parallel zur Wahlkampfveranstaltung drei Gottesdienste zu den Themen Klimaschutz, Demokratie und Nächstenliebe angeboten. Dazu hätten die Glocken gemäß der Läuteordnung eingeladen und auch zum Vaterunser geläutet. "Mit den Gottesdiensten wollten wir ein deutliches Zeichen gegen Intoleranz und Fremdenhass setzen", erklärte Montanus.

Der Superintendent stellte sich gegen eine Vereinnahmung des Christentums durch die AfD. Die Partei, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wird und beobachtet werden darf, berufe sich immer wieder stark auf die Vorstellung eines "christlichen Abendlandes". Dass ausgerechnet sie nun von läutenden Kirchenglocken irritiert sei, wundere ihn, sagte Montanus dem epd.

Zeitung: AfD zeigt Kirchengemeinden wegen Glockengeläuts an

Die AfD in Gelsenkirchen hat nach einem Bericht der "WAZ" eine evangelische und eine katholische Kirchengemeinde wegen andauernden Glockenläutens bei einer Wahlkampfveranstaltung angezeigt. Die Anzeige werde jetzt zur Überprüfung an die Staatsanwaltschaft gegeben, sagte ein Polizeisprecher der "WAZ".

AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel / © Kay Nietfeld (dpa)
AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel / © Kay Nietfeld ( dpa )

AfD kapert religiöse Begriffe und Symbole 

Die Partei "kapere" viele religiös geprägte Begriffe und Symbole, ohne den theologischen Hintergrund zu berücksichtigen, kritisierte der evangelische Theologe. So würden Parteimitglieder immer wieder von Nächstenliebe sprechen, den Begriff aber nicht zu Ende denken, kritisierte Montanus. Nächstenliebe beschränke sich für sie häufig nur auf die eigene Familie oder die eigene Nation.

"Doch Nächstenliebe beinhaltet auch Feindesliebe, dabei müssen also auch Menschen in den Blick genommen werden, die nicht ins eigene Wohlfühl-Bild passen", sagte der Superintendent. Die AfD hingegen spalte, wenn sie etwa in einem Sechs-Punkte-Plan über "unkontrollierte Zuwanderung auf Kosten von Bürgern und echten Kriegsflüchtlingen" spreche. Gerade mit Blick auf den Umgang mit Geflüchteten sei aktuell viel Engagement und Fingerspitzengefühl gefragt. "Nächstenliebe kann nicht dazu dienen, Menschen auszugrenzen", betonte der Superintendent.

Quelle:
epd
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