Mit einem Festakt in Rom haben deutsche Vertreter aus Politik und Kirche am Samstag an den vor 200 Jahren gefeierten ersten
evangelischen Gottesdienst in der damaligen Papststadt erinnert. Die Reformation markiere zwar "einen ganz besonders tiefen Einschnitt", sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) unter Verweis auf die Kirchenspaltung. Aus ihr sei aber auch "ein großartiger Aufbruch in die Neuzeit" erwachsen, in dem Individuum, Bildung und Freiheit eine ganz besondere Rolle spielten.
Die deutsche Botschafterin Susanne Wasum-Rainer nannte die Mitglieder der heutigen evangelischen Gemeinde in Rom "unüberhörbare und unübersehbare Botschafter Deutschlands in Italien". Ähnlich sprach ihre Amtskollegin Annette Schavan, deutsche Botschafterin beim Heiligen Stuhl, im Blick auf die Gemeinde von einem "Glücksfall für Rom und die Ökumene".
Aus dem Gegeneinander vergangener Jahrhunderte sei ein Miteinander geworden, so Schavan. "Es ist Freundschaft entstanden; auch das ist ein Grund zum Feiern." Die Versöhnung der getrennten Konfessionen beschrieb sie als entscheidend für die Zukunft der Christen. "Wir ahnen, dass die Zeit der Volkskirchen vorüber ist", sagte sie. Es gelte "neue Kirchenräume" zu gestalten.
"Laboratorium der Ökumene"
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, nannte die evangelische Christusgemeinde in Rom ein "Laboratorium der Ökumene". Keine andere evangelische Gemeinde habe schon drei Päpste zu Gast gehabt. "Ich danke für den Segen, den Gott auf diese Gemeinde gelegt hat", sagte er. Zugleich äußerte er sich "dankbar für den freundschaftlichen Charakter, mit dem ich in Rom empfangen worden bin".
Kardinal Walter Kasper bekundete in einem Grußwort die Hoffnung, es werde "vielleicht noch in diesem Jahr" einen weiteren wichtigen
Fortschritt in der Ökumene geben. "Martin Luther wollte keine Trennung. Er wollte eine Erneuerung der ganzen Kirche", betonte der frühere Präsident des Päpstlichen Rats für die Einheit der Christen. Kasper zeigte sich überzeugt, wenn Luther heute Rom besuchte, würde er "sich freuen".
Ein guter Ort der Ökumene
Gemeindepfarrer Jens-Martin Kruse nannte Rom einen "guten Ort für Ökumene". Menschen lebten und teilten ihren Glauben miteinander. Die evangelische Gemeinde wolle sich dabei weiter einbringen. Dies sei "keine Drohung, sondern ein Versprechen", scherzte Kruse. Den amtierenden Papst lobte er als einen "entscheidender Akteur" der Ökumene und mahnte: "Wenn wir nicht vorangehen, wird die Einheit nicht kommen."
1817 feierten Protestanten im Gedenken an die 300 Jahre zuvor begonnene Reformation den ersten evangelischen Gottesdienst in Rom, dem damaligen Zentrum des Kirchenstaats. Später lud der preußische Gesandtschaftssekretär Christian Karl Josias von Bunsen zu Gottesdiensten in die Botschaftsräume im Palazzo Caffarelli auf dem Kapitol ein. Erst im Sommer 1819 erhielten die durchweg ausländischen evangelischen Christen einen eigenen Kaplan.