Evangelische Kirche lädt zur Massentaufe am Rhein ein

Bonner "Kunstrasen" wird zu "Taufrasen"

Die Evangelische Kirche feierte am Samstag ein großes Tauffest am Bonner Rheinufer. Pfarrerinnen und Pfarrer tauften wahlweise mit Rhein- oder Leitungswasser. An wen sich das Fest richtet, verrät Superintendentin Claudia Müller-Bück.

Tauffest der evangelischen Kirche (ekir)
Tauffest der evangelischen Kirche / ( ekir )

DOMRADIO.DE: Aus katholischer Sicht ist die Taufe ein Sakrament. Was ist sie aus evangelischer? 

 © Meike Böschemeyer (ekir)
© Meike Böschemeyer ( ekir )

Claudia Müller-Bück (Pfarrerin und Superintendentin, Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel): Auch ein Sakrament. Das ist das Schöne, dass die Taufe uns allumfassend ökumenisch miteinander verbindet. Aus evangelischer Sicht ist wichtig, dass es ein Zeichen gibt, das ist das Wasser und ein Wort dazu. Den Auftrag Jesu zu taufen, lesen wir im Matthäusevangelium: "Tauft die Menschen im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes'". 

Genauso taufen wir. Darum ist es ein Sakrament und verbindet uns sehr untereinander als Christinnen und Christen. 

DOMRADIO.DE: So wird das dann an diesem Samstag auf dem Kunstrasen Bonn sein. Der soll dann kurzfristig zum Taufrasen werden. Wer kann sich da überhaupt taufen lassen? 

Müller-Bück: Im Prinzip alle Menschen, die noch nicht getauft sind. Das ist ganz wichtig. Wir taufen Menschen nicht ein zweites Mal. Aber wenn Kinder, erwachsene Jugendliche kommen und sagen, dass sie getauft werden möchten, dann ist das möglich. Kinder unter 14 Jahren brauchen die Zustimmung der Erziehungsberechtigten. Ab 14 Jahren können sie das auch für sich entscheiden. Alle sind herzlich eingeladen. 

Claudia Müller-Bück

"Nicht die Eltern und Paten entscheiden, sondern die Menschen sagen als Erwachsene , sie wollten ein Leben mit Gott führen."

DOMRADIO.DE: Die meisten der Anmeldungen haben sie für Kinder zwischen drei und zehn bekommen. Aber nicht nur, oder? 

Müller-Bück: Nein, es sind viele Jugendliche und auch Erwachsene dabei, die nicht in Deutschland geboren wurden, die hierher gekommen sind und in Gemeinden eine Heimat gefunden haben. Die möchten sich taufen lassen. Aber auch Erwachsene sind dabei, die ihr ganzes Leben lang irgendwie eine lockere Verbindung zum Glauben hatten und die immer wieder mal darüber nachgedacht haben, sich taufen zu lassen. 

Ich weiß von einer Frau, die gesagt hat, dass dies nun die Gelegenheit sei. Sie müsse sich nicht irgendwie in der Kirche vor viele Leuten stellen und sich vielleicht sogar erklären. Bei der Taufe beim Tauffest könne sie einfach ihre engsten Freundinnen einladen und dabei sein. 

Vielen Menschen ist es auch wichtig, dass es die eigene Entscheidung ist. Also dass nicht die Eltern und Paten entscheiden, sondern die Menschen als Erwachsene sagen, sie wollten ein Leben mit Gott führen, wollten getauft sein. 

DOMRADIO.DE: Wie kann man sich das Prozedere ganz konkret vorstellen? Steigen die Täuflinge einer nach dem anderen in den Rhein? 

Müller-Bück: Das haben wir uns am Anfang ein bisschen so vorgestellt und schon überlegt, wie das gehen kann. Aber nach intensiven Gesprächen mit den Behörden hier vor Ort sind wir zu dem Schluss gekommen, dass es ein hohes Sicherheitsrisiko wegen der Strömungen im Rhein gäbe. Wir haben viele jüngere Kinder und da sehen wir einfach eine zu hohe Gefahr.

Deshalb taufen wir auf dem Kunstrasen in sogenannten Taufinseln. Das heißt, zum Beispiel taufe ich die Menschen, die aus der Kirchengemeinde Swisstal kommen. Wir haben einen Bereich auf dem Kunstrasen, wo die Familien und andere Menschen aus der Gemeinde zusammen sitzen.

Ich bringe die Taufschale unserer Kirchengemeinde mit und die Patinnen und Paten holen vorher kleine Karaffen mit Wasser und können auswählen, ob das Leitungswasser sein soll oder ob es Wasser ist, das aus dem Rhein kommt. Das wird morgens von Helferinnen und Helfern aus dem Rhein geschöpft. Also mit Rheinwasser taufen geht im Rhein selbst leider nicht. 

DOMRADIO.DE: Es gibt bestimmt auch kritische Stimme, die das als Massenevent sehen. Was entgegnen Sie? 

Müller-Bück: Es werden viele Menschen da sein. Aber alle, die getauft werden, haben einen ganz persönlichen Kontakt zu ihrer Gemeindepfarrerin, dem Vikar vor Ort oder den Prädikantinnen.

Die Kinder, die ich taufen werde, habe ich bei ihren Familien besucht. Wir haben miteinander Gespräche geführt. Einem Sechsjährigen habe ich erklärt, wie das alles läuft. Ich habe im Taufgespräch erlebt, wie die Einjährige ihre ersten Schritte gemacht hat und ich ganz nah an dieser Familie dran war. Da habe ich gemerkt, dass das in der Vorbereitung auf jeden Fall gut funktioniert, nah beieinander, ganz im persönlichen Kontakt und trotzdem mit ganz vielen Menschen gemeinsam zu sein.

Wie sich das an diesem Samstag dann anfühlt, das werden wir alle erst dann erfahren. Aber ich bin sicher, das wird gut gehen. 

DOMRADIO.DE: Auch Spontantaufen sind möglich?

Müller-Bück: Ja. Uns freut gerade, dass doch noch die eine oder andere Mail von Menschen eingeht, wo gefragt wird, was man denn für die Taufe noch tun müsse.

Die bekommen gesagt, dass sie am Samstag zum Bonner Kunstrasen kommen sollen. Da sind ein Pfarrer und eine Pfarrerin, die nur für sie da ist. Sie können Gespräche führen und können sich vor Ort spontan taufen lassen. 

Claudia Müller-Bück

"Gesegnet nach Hause gehen."

DOMRADIO.DE: Dann sind noch Konzerte und Picknicks geplant. Was soll das für ein Fest werden?

Müller-Bück: Ein fröhliches und entspanntes Fest und ein Tag, an dem wir alle nach Hause gehen und gespürt haben, dass etwas Besonderes in der Taufe geschehen ist. Dass Menschen Segen spüren, können wir uns nur wünschen. Aber wir können das eigentlich nicht machen. Und dass die Menschen gesegnet nach Hause gehen und für sich spüren, dass sie der Himmel geschickt hat, das ist unser Motto. 

Es ist mein Wunsch, dass die Menschen das am Samstag erfahren. 

DOMRADIO.DE: Wollen Sie da auch ein Zeichen der Gemeinschaft in Zeiten von Vereinzelung und Spaltung setzen? 

Müller-Bück: Ja, auf jeden Fall. Im Gottesdienst, im Miteinander ist spürbar, dass wir Menschen willkommen heißen. Wir sind vielfältig, auch in der Weise, wie wir vorbereitet haben. Das soll sichtbar und erfahrbar sein. Wir wollen nicht immer über das 'drüber' reden, sondern einfach da sein. 

Ich habe in der Corona-Zeit und danach gemerkt, wie schwierig das für junge Familien war, so alleine zu sein, ohne den großen Familienzusammenhalt, ohne Freundeskreis. Dass wir das jetzt so groß miteinander feiern können, dass Menschen zusammenkommen und sich wahrnehmen ist toll.

Bei den Workshops haben sich Familien schon getroffen und kennengelernt. Sie gehen zum Teil jetzt zusammen auf den Spielplatz. Da passiert ganz viel an Verbindung untereinander. Und die Taufe ist ja die Aufnahme in die evangelische Kirche und zugleich in die Gemeinschaft aller Christinnen und Christen. Und das wird am Samstag erfahrbar. 

Das Interview führte Hilde Regeniter.

254 Menschen wollen sich unter freiem Himmel taufen lassen

In der Bonner Rheinaue sollen am Samstag 254 Menschen getauft werden. Etwa 50 Geistliche sollen die Taufen vornehmen, auf Wunsch auch mit Rheinwasser. Zu dem evangelischen Freiluft-Tauffest werden rund 4.000 Gäste erwartet.

Damit werde es eines der größten Feste dieser Art in Deutschland, wie die evangelischen Kirchenkreise Bad Godesberg-Voreifel, Bonn und An Sieg und Rhein am Montag mitteilten.

Symbolbild: Taufe / © Wirestock Creators (shutterstock)
Symbolbild: Taufe / © Wirestock Creators ( shutterstock )
Quelle:
DR