Evangelischer Präses ruft zu Beteiligung an NRW-Wahl auf

"Demokratie stärken"

"Wir sind keine Opfer der Politik, sondern Mitgestalter", sagt der Präses der evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, bei domradio.de. Die Kirchen rufen vor den Landtagswahlen in NRW zu reger Wahlbeteiligung auf.

Vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen / © Daniel Bockwoldt (dpa)
Vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen / © Daniel Bockwoldt ( dpa )

domradio.de: Die Kirchen geben keine Wahlempfehlungen ab. Aber Sie äußern sich trotzdem im Vorfeld der Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen. Was ist Ihre Botschaft?

Manfred Rekowski (Präses der evangelischen Kirche im Rheinland): Zunächst ist es richtig und wichtig, dass wir sagen, dass die Christinnen und Christen, die Bürgerinnen und Bürger mündige Menschen sind, die von uns keine Wahlempfehlung brauchen - vor allem nicht in dem Sinne, dass eine bestimmte Partei zu wählen sei. Uns evangelischen Kirchen in NRW liegt daran, dass sich Bürgerinnen und Bürger aktiv beteiligen und von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Wir sind keine Opfer der Politik, sondern Mitgestalter. Diese Möglichkeit haben wir insbesondere bei Wahlen. Von daher ist es wichtig, dass Menschen zur Wahl gehen, von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen und auf die politische Entwicklung unseres Landes Einfluss nehmen.

domradio.de: Das scheint momentan ja auch zu klappen, wenn man sich den Trend am Beispiel Schleswig-Holstein anschaut. Da ist die Wahlbeteiligung gestiegen. Dennoch gehen immer noch viele Menschen nicht zur Wahl. Was denken Sie, wie wird das am kommenden Sonntag in NRW sein?

Rekowski: In der Tat gibt es bei den letzten Landtagswahlen einen Trend, den ich sehr positiv finde. Menschen resignieren offensichtlich nicht und gehen nicht in die innere Isolation, sondern sagen, dass sie sich einmischen und zur Wahl gehen wollen. Das ist ein großer Erfolg für die Demokratie, wenn dies gelingt. Ich rechne eigentlich fest damit, dass das auch in NRW so sein wird und das Bürgerinnen und Bürger sagen, jetzt sei es ihre Möglichkeit, Einfluss zu nehmen.

domradio.de: Viele Menschen sind dennoch politikverdrossen und misstrauen Politikern. Was raten Sie diesen Menschen?

Rekowski: Das ist eine Beobachtung, die uns Sorge bereitet. Ich selber habe nach einer Kommunalwahl in meinem Wohnort Wuppertal erfahren, dass die Wahlbeteiligung in einzelnen Stimmbezirken vor einigen Jahren im einstelligen Bereich lag. Das halte ich für ganz fatal. Ich glaube, es ist ein Ausdruck dafür, dass manche Menschen denken, man könne da überhaupt nichts mehr tun. Manche Menschen haben den Eindruck, ihre Situation und das, was sie bewegt, komme in der Politik nicht an. Deswegen habe eine Beteiligung an der Wahl gar keinen Zweck. Ich bin davon nicht überzeugt. Bei aller Kritik, die man auch an den Ergebnissen praktischer Politik äußern kann - und da ist nicht alles gelungen - erlebe ich dennoch, dass Politikerinnen und Politiker sehr bemüht sind, hinzuhören. Da liegt die Chance, und deswegen ist es gut, dass Menschen zur Wahl gehen und sich einmischen.

domradio.de: Nun haben Sie auch in Ihren eigenen Reihen AfD-Mitglieder: Ein pensionierter Pfarrer und ein Presbyter, also ein Kirchenvorsteher der rheinischen Kirche treten am Wochenende für die AfD an. Wie gehen Sie damit um?

Rekowski: Wir sagen deutlich, dass die AfD eine erlaubte Partei ist. Sie ist nicht verboten. Es ist eine demokratische Partei, auch wenn wir die Inhalte, gerade wenn es gegen Muslime geht oder Fremdenfeindlichkeit von AfD-Repräsentanten deutlich vertreten wird, nach unserem Verständnis nicht vereinbar mit der christlichen Botschaft sind. Die Nächstenliebe gilt allen Menschen und Barmherzigkeit hört auch an der Landesgrenze nicht auf. Das heißt, wir setzen uns mit der AfD inhaltlich auseinander. Aber wir müssen anerkennen, dass auch Kirchenmitglieder durchaus die AfD wählen. Von daher gehen wir inhaltlich auf Abstand zu dem, was die AfD vertritt, aber suchen durchaus auch den Dialog. Vor allem mit den Menschen, die diese Partei wählen.

Das Interview führte Silvia Ochlast.


Präses Manfred Rekowski / © Eric Lichtenscheidt  (ekir)
Präses Manfred Rekowski / © Eric Lichtenscheidt ( ekir )
Quelle:
DR