Ex-Unionsfraktionschef Volker Kauder wird 75

Kämpfer für Religionsfreiheit weltweit

Am 3. September wird "Polit-Rentner" Volker Kauder 75. Doch sein Engagement für die Religions- und Weltanschauungsfreiheit weltweit treibt den langjährigen Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag weiter an und um.

Autor/in:
Ludger Möllers
Volker Kauder / © Sebastian Gollnow (dpa)
Volker Kauder / © Sebastian Gollnow ( dpa )

Volker Kauder warnt und mahnt. Und das ändert sich auch mit 75 nicht. Denn der Blick auf die weltweite Religions- und Weltanschauungsfreiheit treibt ihm die Sorgenfalten auf die hohe Stirn. Das völkerrechtlich verankerte Menschenrecht gerate immer stärker in Gefahr. 

Insbesondere habe die Zahl der verfolgten Christen in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen, beklagt er im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Von den rund 2,5 Milliarden Christen werden etwa 300 Millionen verfolgt; der Schwerpunkt liegt in China."

Volker Kauder (privat)

Aber auch im mehrheitlich hinduistischen Indien sähen sich Christen immer stärkerer Verfolgung und Unterdrückung ausgesetzt. Doch nicht nur im Ausland werde die Religionsfreiheit in Frage gestellt, fügt er hinzu. 

Auch in Deutschland erlebe er zunehmend Intoleranz: "Den Menschen fällt es bei uns zum Teil schon schwer, zu akzeptieren, dass Religionsfreiheit auch bedeutet, den Bau von Moscheen in Deutschland zu erlauben."

Seinen 75. Geburtstag am 3. September feiert Kauder, der sich vor drei Jahren aus der Politik zurückgezogen hat, im kleinen Kreis. Und sein Engagement will er weiterführen: "Das Thema Religionsfreiheit und vor allem auch der Verfolgung der Christen stößt nach wie vor auf großes Interesse."

Differenzierter Rückblick auf lange Polit-Karriere

Der als konservativ geltende Jurist vertrat den Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen in Baden-Württemberg seit 1990 im Bundestag. Von 2005 bis 2018 war er Vorsitzender der Unionsfraktion. Bei der Neuwahl der Fraktionsführung 2018 unterlag er in einer Kampfabstimmung gegen Ralph Brinkhaus. Bei der Bundestagswahl 2021 trat er dann aus Altersgründen nicht mehr an.

Sein Verhältnis zur damaligen Kanzlerin Angela Merkel sei immer vertrauensvoll gewesen, betont er: "Bis heute treffen wir uns regelmäßig, schreiben uns SMS." Seine Aufgabe als Fraktionschef habe er als "regierungsunterstützende Arbeit" verstanden, wie er heute sagt. Wobei ihm Disziplin stets wichtig gewesen sei. 

Über die öffentlich ausgetragenen Spannungen in der Ampel-Koalition könne er nur den Kopf schütteln: "Wenn man jetzt sieht, wie sie in der Ferienzeit streiten: So etwas hätte ich als Fraktionsvorsitzender nie zugelassen."

Haushaltskrise der Ampel-Koalition / © Christoph Soeder (dpa)
Haushaltskrise der Ampel-Koalition / © Christoph Soeder ( dpa )

Aber auch die eigenen Regierungszeiten der Union in wechselnden Koalitionen mit FDP und SPD zwischen 2005 und 2021 sieht Kauder heute nicht unkritisch - etwa bei den Themen Mobilität und Energie, aber vor allem bei der Verteidigung: 

"Wir haben gewusst, dass wir das Zwei-Prozent-Ziel für die NATO nicht erreichen, wir waren bei 1,2 oder 1,3 Prozent." Doch seine Hinweise, die Regierung müsse mehr für die Bundeswehr tun, seien abgetan worden. Vor allem die SPD sei zu mehr nicht zu bewegen gewesen: 

"Erst kamen Hinweise auf die Friedensdividende und dann die Bemerkung, wir seien umzingelt von Freunden, es werde nie mehr Panzer-Landschlachten geben." Und mit Blick auf den Ukraine-Krieg räumt er ein: "Auch nach der Besetzung und Annexion der Krim 2014 haben wir nicht geglaubt, dass Putin jetzt so einen Krieg vom Zaun brechen würde."

Einsatz für religiöse Minderheiten

Schon als Fraktionschef nutzte der bekennende evangelische Christ seine Kontakte, um für die Religions- und Weltanschauungsfreiheit zu werben. Beispielsweise besuchte er im Mai 2018 Ägypten und tauschte sich mit Staatspräsident Abdel Fattah Al Sisi aus. 

Aber auf dem Programm standen auch Begegnungen mit dem koptischen Papst Tawadros II. und dem Großimam der Al- Azhar-Universität, Ahmad Al-Tayyeb.

Anschließend bilanzierte er: "Was mich besonders freut, ist, dass sich die Lage der koptischen Christen nach deren Aussagen seit Dezember 2016 erheblich verbessert hat."

Derzeit bereitet Kauder, der nach wie vor im Parteivorstand der CDU, der Bundeskanzler-Helmut-Kohl- Stiftung und in der Konrad-Adenauer-Stiftung tätig ist, eine Reise nach Indien vor, um dort für Religions- und Weltanschauungsfreiheit einzutreten. 

Syro-malabarische St. Joseph Kirche in Kerala, Indien / © PREJU SURESH (shutterstock)
Syro-malabarische St. Joseph Kirche in Kerala, Indien / © PREJU SURESH ( shutterstock )

Der Hintergrund: Im mehrheitlich hinduistischen Indien verschlechtert sich laut eines Berichts des US-Außenministeriums die Lage für Christen und Muslime.

Beide Gruppen würden aufgrund von Gesetzen verhaftet, die erzwungene religiöse Bekehrungen verbieten. Diese Gesetze würden oft dazu genutzt, aufgrund falscher und erfundener Anschuldigungen die Religionsfreiheit der Minderheiten durch Schikanen und Festnahmen zu unterdrücken.

Fußball-WM in Saudi-Arabien als Test

Ebenso besorgt blickt Kauder in die islamische Welt. Dort gelte nach wie vor, dass es nur eine wahre Religion gebe, den Islam: "Der Übertritt aus dem Islam ins Christentum oder in eine andere Religion ist nicht erlaubt. In einigen Ländern ist der Übertritt sogar mit Todesstrafe belegt." 

Trotzdem nehme die Zahl der Christen auch in diesen Ländern zu: "Aber eben nur durch Übertritt vom Islam, es kommen ja keine Christen aus anderen Ländern beispielsweise nach Saudi-Arabien."

Für den Fall, dass die Fußball-Weltmeisterschaft 2034 in Saudi-Arabien ausgetragen werde, erwartet Kauder, dass Christen dort ihre religiösen Zeichen zeigen dürfen: "Und dann wird man sehen, wie ernsthaft das Thema Religionsfreiheit dort behandelt wird."

Hilfswerk sieht neue Eskalation der Verfolgung von Christen

Das internationale katholische Hilfswerk "Kirche in Not" hat eine "neue Eskalation der Verfolgung" von Christen und anderen religiösen Gruppen beklagt. Der Geschäftsführer der Organisation in Deutschland, Florian Ripka, erklärte am Montag in München, täglich gingen neue Schreckensmeldungen ein: Im Osten Pakistans brennten Extremisten Häuser von Christen nieder, weil einer Familie die Schändung des Korans vorgeworfen werde. Im indischen Bundesstaat Manipur seien ethnische Konflikte in eine offene Christenverfolgung ausgeartet, die seit drei Monaten anhalte.

Symbolbild: Christenverfolgung  / © nn (AFP)
Symbolbild: Christenverfolgung / © nn ( AFP )
Quelle:
KNA