Es war ein Tag, der in die spanischen Geschichtsbücher eingehen wird. Nach jahrelangen hitzigen Debatten, Protesten und zahlreichen Verzögerungen ist am Donnerstag der Leichnam des früheren spanischen Diktators Francisco Franco (1892-1975) exhumiert worden.
Mehrere TV-Teams übertrugen live, wie der Sarg des "Caudillo" aus der Gedenkstätte im "Tal der Gefallenen" gebracht wurde.
Die Stille auf dem riesigen Vorplatz der dort in den Fels gehauenen Basilika war erdrückend. Benediktiner-Prior Santiago Cantera segnete den Sarg ein letztes Mal mit Weihwasser. Dann wurde er unter Rufen der Familienangehörigen wie "Viva Franco" und "Viva Espana" in einen Leichenwagen geschoben.
Gegen den Willen der Familie
Nur einige hundert Meter entfernt wartete auf einem Parkplatz ein Hubschrauber der spanischen Luftwaffe, um den Sarg kurz vor 14 Uhr zum Friedhof El Pardo-Mingorrubio am Nordrand Madrids zu bringen. Die Regierung wollte damit mögliche Proteste während des Transports verhindern. In Mingorrubio wurden Francos Überreste schließlich gegen den Willen der Familie in der Familiengruft neben seiner Frau erneut bestattet.
Die Exhumierung sowie die erneute Beisetzung fanden im engsten Familienkreis statt. Die militärischen Ehren und ein von den Nachfahren verlangtes neues Staatsbegräbnis lehnte die Regierung ab.
Bewusst wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen. In der Nähe des weiträumig abgesperrten Friedhofs in Mingorrubio protestierten dennoch Hunderte Franco-Anhänger gegen die Umbettung.
Kaum ein Thema spaltet die Spanier so sehr wie der Umgang mit dem Franco-Regime. Bereits vor einem Jahr wollte Spaniens sozialistischer Ministerpräsident Pedro Sanchez den Diktator exhumieren lassen. Doch zahlreiche Hürden und Klagen der Familie führten immer wieder zu Verzögerungen - bis Ende September schließlich das Oberste Gericht die Grabverlegung für rechtens erklärte.
"Tal der Gefallenen"
Das "Tal der Gefallenen" solle endlich zu einem wirklichen Ort der Versöhnung werden und kein "Pilgerort für Faschisten" mehr sein, begründete Sanchez das Projekt. Bislang versammelten sich zu seinem Todestag, an jedem 20. November, viele Franco-Anhänger vor dem gewaltigen Mausoleum in den Bergen vor den Toren Madrids, um ihren Anführer zu ehren. Jeden Tag schmückten bis zuletzt frische Blumen das Grabmal des Militärherrschers.
Franco, der noch bis zu seinem Tod 1975 Spanien mit eiserner Faust regierte, ließ die Gedenkstätte samt Kirche selbst erbauen. Die Tausenden Zwangsarbeiter brauchten 18 Jahre, um das monumentale Gotteshaus und die Krypta in den Felsen zu hauen. Darüber thront ein mehr als 150 Meter hohes Betonkreuz, das weltweit höchste dieser Art.
Als "Geste der nationalen Versöhnung" ließ Franco 1959 zur Einweihung aus ganz Spanien die Überreste von im Bürgerkrieg gefallenen Soldaten beider Seiten herbeischaffen. Zehntausende Gebeine wurden in den Mauern und Seitenkammern der Krypta eingebettet. Über dem Eingang ist die Inschrift "Gefallen für Gott und Spanien. 1936-1939" zu lesen.
Dies sollte ein Symbol für die Überwindung der Spaltung des Landes sein.
Langer Schatten Francos in Spanien
Doch das gelang nicht wirklich. "Von Beginn an hatte Franco die Basilika als Teil seines eigenen Personenkultes konzipiert und machte sie damit zu einem Pilgerort für alle Faschisten", sagt Emilio Silva, Vorsitzender der Franco-Opfervereinigung ARMH. Die Initiative engagiert sich etwa für die Suche nach immer noch vermissten Opfern des Regimes. Deren Hinterbliebene fühlen sich im Stich gelassen - auch von der Politik.
Nach dem Tod Francos gab es eine Art Schweigepakt, um die alten Wunden des Bürgerkriegs nicht aufzureißen. Schließlich galt es, den unsicheren Übergang vom Franquismus zur Demokratie nicht zu gefährden. Wie unsicher diese Phase der "Transicion" war, zeigte 1981 ein missglückter Putschversuch von Teilen der Guardia Civil und des Militärs.
Die nun erfolgte Exhumierung zeigt, wie lang der Schatten Francos heute noch in Spanien ist, der Gesellschaft, Politik, und Kirche spaltet. Das beweisen auch jüngste Umfragen: Laut der spanischen Tageszeitung "El Mundo" waren 43 Prozent der Spanier für, 35 Prozent gegen die Umbettung.