Experte hält Zölibat der katholischen Kirche für problematisch

"Intimität muss Ausbildungsthema werden"

Blick aus einer anderen Richtung: Die Verpflichtung zum Zölibat für Priester in der katholischen Kirche ist laut des Osnabrücker Professors für Psychiatrie, Wolfgang Weig, "zumindest problematisch." Er wünsche sich eine verträglichere Lösung.

Autor/in:
Jörg Nielsen
Ordensfrau mit einem Collarhemd / © Cristian Gennari (KNA)
Ordensfrau mit einem Collarhemd / © Cristian Gennari ( KNA )

Das sagte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Viele Priester hätten ein unaufgearbeitetes Verhältnis zu ihrer Sexualität, zu Sinnlichkeit und zu Frauen. Der katholische Facharzt und Sexualtherapeut war am Donnerstagabend zu Gast in der katholischen Atriumkirche in Bremen.

Tabuisierung führt zu Verunsicherung

Ein Grund dafür sei die Tabuisierung dieser Themen. Sie führe einerseits zu Verunsicherungen, andererseits wecke sie die Neugier.

Wenn sich ein Priester dann Hals über Kopf verliebe, stehe er vor einem Problem: "Darauf sind diese Männer nicht vorbereitet", sagte Weig. Er hat an vielen Publikationen zu Intimität und Sexualität bei katholischen Priestern in Deutschland mitgearbeitet.

Ein Pfarrer könne dann nur unter großem psychischen Druck im Geheimen mit der Belastung des Verbotenen lieben oder aus dem Amt aussteigen. Derzeit dürfe niemand, der sich öffentlich zu seiner Liebe bekenne, weiter als Priester tätig sein.

Der Kirche riet der Experte, nur solche Männer zum Priesteramt zuzulassen, die eine persönliche Reife erreicht und sich mit dem Thema auseinandergesetzt hätten. "Die Sexualität und Intimität muss zum Thema in der Ausbildung werden." In der katholischen Kirche gebe es inzwischen Menschen, die über andere Lösungen als den absoluten Verzicht auf Sexualität und Partnerschaft nachdächten. "Es passiert etwas - aber noch nicht genug."

Rat zu einer intensiven Beratung

Betroffenen riet Weig zu einer intensiven Beratung. Priester, die sich für den Ausstieg entschieden, müssten von der Kirche aufgefangen werden, sagte Weig. Für sie müssten andere zivile Berufe, auch bei der Kirche, gefunden werden.

Der Zölibat sei allerdings nicht allein für die zahlreichen Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche verantwortlich, unterstrich Weig. Unter evangelischen Pastoren, die ja heiraten dürften, gebe es ebenfalls Männer, die zu Tätern würden.


Quelle:
epd
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