Das sagte Bielefeldt am Freitag auf dem evangelischen Kirchentag in Berlin. Die Religionsfeindlichkeit äußere sich im Gestus der Aufklärung, aber ohne Substanz und "mit erhobenem Zeigefinger". Im Zusammenhang mit der Debatte über rituelle Beschneidungen, ausgelöst durch ein Gerichtsurteil vor fünf Jahren, sei die Religionskritik aggressiver und verächtlicher worden, sagte der Erlanger Professor für Menschenrechte. Religionen dürften kritisiert werden, aber mit Respekt vor den Menschen, fügte Bielefeld hinzu. Religionsfreiheit sei Teil der Menschenrechte und nicht "Einflugschneise für die Gegenaufklärung".
Glaubensfrage
Bielefeldt war von 2010 bis 2016 Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrats für Religionsfreiheit. Die Kirchentagsveranstaltung zu Religion- und Islamfeindlichkeit in Deutschland stand unter der Überschrift "Wie hältst du es mit der Religion?".
Der Berliner evangelische Bischof Markus Dröge rief bei der Veranstaltung die Religionsgemeinschaften auf, auch gemeinsam in der Gesellschaft öffentlich aufzutreten und Zeichen zu setzen. Als Beispiel nannte er das in Berlin geplante "House of One" der drei abrahamitischen Religionen und Überlegungen zu einem Campus der Religionen an der Humboldt Universität. Zugleich dürften Probleme innerhalb von Religionsgemeinschaften aber nicht klein geredet werden, sagte Dröge.
Gesicht zeigen
Die islamkritische Autorin Seyran Ates, Gründerin einer liberalen Moscheegemeinde in Berlin, sprach sich für einen stärkeren innermuslimischen Dialog aus. Dabei beklagte die Berliner Rechtsanwältin eine massive Ablehnung ihrer Person durch die Islamverbände in Deutschland. Unter großem Applaus rief Ates liberale Muslime in Deutschland auf, "Gesicht zu zeigen" und auch öffentlich das Wort zu ergreifen. Zugleich warnte sie davor, demokratiefeindliche Tendenzen in Moscheegemeinden kleinzureden.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, beklagte einen zunehmenden antimuslimischen Rassismus in Deutschland. Anschlags- und Morddrohungen gegen Moscheegemeinden führten zu Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit der einzelnen Muslime.