Experten fordern neue Visionen für Gesellschaften

Positiver Blick auf Verzicht

Soziale Ungleichheit, Klimawandel und die Kirchenkrise: Moderne Gesellschaften stehen vor großen Herausforderungen. Wie kann Verzicht gelingen? Das diskutieren Ethikrats-Chefin Alena Buyx und der Theologe Aaron Langenfeld.

Autor/in:
Annika Schmitz
Mehr Engagement für die Gesellschaft (shutterstock)

Angesichts der Krisen dieser Zeit positive Visionen für eine gute Zukunft zu entwickeln – dafür haben die Ethikrats-Chefin Alena Buyx und der Theologe Aaron Langenfeld geworben. Gesellschaften müssten gemeinsam Ideen von Reduktion und Verzicht entwerfen, die nicht nur bedrohlich wirkten, sondern positive Erzählungen seien, sagte die Medizinethikerin Buyx (Dienstag) bei den Salzburger Hochschulwochen. "Gerade die Kirchen können hier aus dem Vollen schöpfen."

Alena Buyx / © Andreas Heddergott (TU München)
Alena Buyx / © Andreas Heddergott (TU München)

Dinge in Positive wenden

Wenn es um die großen Herausforderungen gehe, wolle sie Optimistin bleiben, so die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates. "Wir Menschen sind im Kern gut – in der Masse." Buyx warb dafür, die negative Sicht auf Dinge auch medial positiv zu wenden. So gebe es etwa im Osten nicht nur ein Problem mit Rechtspopulismus, sondern im Gegenteil weite Teile der Bevölkerung, die diesen ablehnen.

Gerade mit Blick auf den Klimawandel stünden große gesellschaftliche Veränderungen an, so Buyx. Es lohne sich, Konzepte zum gelingenden Leben weiterzudenken – etwa beim Wohnen. Aktuell lebten zu viele Menschen auf zu viel Wohnraum allein und seien dabei oft einsam. Kommunalere Wohnkonzepte könnten so "viele Fliegen mit einer Klappe schlagen".

Kontroverse Gespräche aufrecht erhalten 

Der Theologe Aaron Langenfeld sprach sich dafür aus, kontroverse Gespräche nicht abreißen zu lassen. Das sei vor allem Aufgabe der Kirche. Sie dürfe aus ihrem Selbstverständnis heraus niemanden aus Debatten ausschließen. Er äußerte die Hoffnung, dass durch zwischenmenschliche Begegnungen Veränderungen geschehen können, die auf struktureller Ebene nicht möglich seien.

Social Media auf dem Smartphone / © Twin Design (shutterstock)
Social Media auf dem Smartphone / © Twin Design ( shutterstock )

Immer noch erwarteten zu viele Menschen, dass gute Visionen von Amtsträgern vorgegeben werden müssen, so der Rektor der Theologischen Fakultät Paderborn. "Das müsste längst viel mehr von uns ausgehen." Langenfeld kritisierte zudem eine "weite Unfähigkeit katholischerseits, mit digitalen Medien umzugehen". Dort aber würden Debatten geführt, bei denen sich die Kirche einbringen könnte.

Was Menschen miteinander verbindet

Schöpfen könnte die Kirche dabei etwa aus Visionen von jener Liebe, die sie in verschiedenen Ausprägungen über Jahrhunderte gepflegt habe, führte der Theologe aus. Dabei gehe es nicht um Kitsch, sondern um das, was Menschen miteinander verbindet. "Da haben wir ein Arsenal an Begriffen, das wir ausbauen können", sagte er. Ein christlicher Beitrag zu den großen Fragen dieser Zeit könne sein, die Hoffnung zu erhalten, dass gut werden kann, was noch nicht gut ist.

Quelle:
KNA