Die Allgegenwart von Smartphones und Sozialen Medien führt nach Ansicht der Münchner Wirtschaftspsychologin Sarah Diefenbach zu wachsendem Stress. Im Internet spiele sich inzwischen ein regelrechter Wettbewerb ab, sagte sie in einem Interview der "Welt" (Samstag). "Man hat die Möglichkeit, von sehr viel mehr Menschen Bestätigung zu erhalten als früher. Und das erhöht den Druck."
Ein Beispiel seien die Bilder, die Facebook-Nutzer von sich ins Netz stellten. Auch wenn das tatsächliche Leben des Nachbarn weitaus unspektakulärer verlaufe als auf den Fotos, entstünden Neidgefühle.
Trugschluss im Smartphone
Eine Folge umschrieb Diefenbach mit den Worten: "Es geht den Menschen oft schlechter, nachdem sie auf Facebook waren - obwohl sie die Plattform eigentlich als Bereicherung für sich selbst erachten."
Die Sozialen Medien seien dabei, die Wahrnehmung und das gesellschaftliche Miteinander grundsätzlich zu verändern, führte die Expertin weiter aus. "Es zählt nicht mehr der Moment, sondern die Reaktion der anderen." Parallel zum eigentlichen Erlebnis seien viele Menschen gedanklich bereits damit beschäftigt, wie sich das Erlebte im Internet präsentieren lasse. Das Ereignis selbst bleibe auf der Strecke.
"Smobie", wenn der Mensch und sein Smartphone verschmelzen
Dabei sei der Austausch mit anderen durch gegensätzliche Bewegungen gekennzeichnet. Zum einen gebe es den "Smombie", der sich von seinem Umfeld abkapsele und nur noch auf sein Smartphone starre. Zum anderen existiere das "starke Bedürfnis", dauernd mit der Welt verbunden zu sein. Immer mehr "Online-Verhaltensweisen" etablierten sich deswegen auch in der direkten Kommunikation. "Sei es, dass man immer zu allem seine Meinung kundtut, also immer im Kommentarmodus ist. Oder dieses Provozieren, Menschenbewerten, Sehr-offensiv-Sein." Dies führe zu einer Enthemmung, die letzten Endes im realen Leben auch populistischen Strömungen Vorschub leisten könne.
Nicht nur im Privaten sei offenbar inzwischen Usus, während eines Gespräches nebenher immer wieder zu chatten, sagte Diefenbach. Dieser Umstand verändere zwangsläufig die Art und Tiefe der Unterhaltung. "Liegt das Handy auf dem Tisch, fängt man vielleicht gar nicht mehr an, eine komplexe Geschichte zu erzählen, weil man sowieso damit rechnen muss, nach einer Minute wieder unterbrochen zu werden."