Vor drei Jahren ließ die katholische Kirche auch stilmäßig aufhorchen. Papst Benedikt XVI. erklärte am Rosenmontag seinen Rücktritt, Nachfolger Franziskus leitete eine Trendwende ein. Auch wenn sein Spruch "Der Karneval ist vorbei" mehrfach dementiert wurde. Für kirchliche Fachhändler kein Grund zur Freude: "Die Gewänder werden schlicht einfacher", sagt Thomas Schmitt, Inhaber der Schmitt Paramente in Köln und Kevelaer. Und fügt hinzu: "Unter Benedikt wurde mehr Spitze getragen."
Zudem schaffte der neue Pontifex die Prälatentitel ab, Monsignore kann man nur noch ab 65 werden. Will heißen: Weniger klerikale Kunden für Geschneidertes. "Das merken wir schon", klagt der Firmenchef über rückläufige Umsätze. Schmitt sieht indes noch einen anderen Trend: Junge Priester legen mehr Wert auf Priesterkleidung, um öffentlich als Seelsorger erkannt zu werden - und sie setzen auf Qualität. "Es wird vielleicht nur ein Hemd gekauft und nicht zwei, aber dann ein besseres."
"Frühjahrsputz für Leib und Seele"
Der Paramentenhändler ist einer von 89 Ausstellern, die ihre Produkte und Dienstleistungen von Donnerstag bis Samstag bei der Augsburger "Gloria" zeigen, der einzigen Fachmesse für Kirchenbedarf im deutschsprachigen Raum. Veranstalter Michael Ragg sagt, sie diene den Ausstellern dazu, Trends zu erkennen. "Man kann spüren, was die Pfarrer und Mesner interessiert." Passend zur Jahreszeit fand zum Auftakt eine Podiumsrunde zum Thema Fasten statt - auf dass die Soutanen nicht gar so zwicken. Motto: "Frühjahrsputz für Leib und Seele".
Dabei schließen sich Einfachheit und Ästhetik nicht aus, wie der Augsburger Bischofsvikar Bertram Meier am Rande einer Diskussion sagt. Schönheit müsse noch lange nicht Protz bedeuten. "Auch schöne Dinge sind zur höheren Ehre Gottes gemacht." Meier eröffnete die Messe zuvor bei einem Morgenlob gemeinsam mit der evangelischen Stadtdekanin Susanne Kasch. "Gloria" ist ökumenisch: Das Mittagsgebet leiten zwei orthodoxe Geistliche.
Ganze Kirche samt Raumdesign
Zwischendurch prägen leises Stimmengewirr, Glockenklang und Orgeltöne die Atmosphäre im Messezentrum. "Gloria" bietet nicht nur Gewänder, Kirchenbankpolster, solarbetriebene Heizsysteme, Heilkräuter, Kirchenschmuck sowie zahllose Bücher, Zeitschriften und allerlei Devotionalien. Ein Architekturbüro stellt eine ganze Kirche samt Raumdesign vor, das "Lutherland" Sachsen-Anhalt lädt zu Reisen ein, die Caritas präsentiert Angebote zum selbstbestimmten Wohnen im Alter, ein paar Stände weiter wirbt eine Sterbebegleiterin.
Gernot Dürr, Inhaber der gleichnamigen Uhren- und Glockenfirma aus Rothenburg ob der Tauber, steht vor einer hundertjährigen Turmuhr und erklärt: "Wir haben dazu eine Steuerung entwickelt." Die mechanische Uhr kann mit elektronischer Hilfe weiterlaufen. Nebenan zeigt Gregor Mussner aus Südtirol Skulpturen aus Holz, Bronze und Marmor. "Wir arbeiten nur auf Bestellung", erläutert der 48-Jährige. Eine anderthalb Meter hohe Maria kostet schon mal 9.000 Euro.
Schwerpunkte Beten oder Bibellesen
Günstiger ist das Angebot von Simone Schönborn. Sie wirbt für "Alpha"-Glaubensgrundkurse mit zwölf Themenabenden, mit bestimmten Schwerpunkten wie Beten oder Bibellesen. "Das kommt aus der anglikanischen Kirche", so die 46-jährige Katholikin. Spezielle Kurse gibt es für Jugendliche, Ehepaare oder Familien. Auch das ein "Gloria"-Trend: Die Besucher sollten nicht nur sehen, was es an materiellen Dingen gibt, sondern auch Impulse für den Glauben mitnehmen, betont Ragg. Stichworte: Beratung und Lebenshilfe. Zum Abschluss am Samstag ist der Messeeintritt kostenlos.
Das drängende Thema der Gegenwart fehlt auch bei der Kirchenmesse nicht: Flucht und Migration. Auf dem Podium sagt Ralf Eger, Flüchtlingsbeauftragter des Bistums Augsburg, bei allen Aktivitäten komme es darauf an, die Menschen vor Ort mitzunehmen: "Ängste können nur im Gespräch und in der Begegnung überwunden werden." Am Stand des eben erst gegründeten "Nestwerks Berlin", einer Plattform zur Unterbringung von Geflüchteten, steht Kerstin Hack (48) und sagt: "Es gibt viel mehr Lösungen als Probleme. Es braucht nur Menschen, die sich engagieren." Das Nestwerk soll es bald bundesweit geben.