FDP sieht Innenminister auf Weg in "Überwachungsstaat"

SPD gegen Fahndung mit Digitalfotos

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble steht wegen seines Plans, der Polizei den Online-Zugriff auf Passbilder und später auf Fingerabdrücke zu ermöglichen, weiter in der Kritik. Die SPD lehnt die Vorschläge strikt ab. Die FDP sieht Schäuble sogar auf dem Weg in einen Überwachungsstaat. Unions-Politiker unterstützen hingegen den Innenminister.

 (DR)

Bosbach: Warum nicht?
"Wir sind dagegen, dass jeder Polizist in allen Straftatbereichen ohne Rücksprache auf diese Daten Zugriff hat", sagte der SPD-Innenexperte Klaus Uwe Benneter. FDP-Chef Guido Westerwelle betonte, mit der FDP werde es eine "solche Maßlosigkeit an Überwachung" nicht geben. Schäuble stelle "alle Bürger unter kriminellen Pauschalverdacht". Dieses Vorgehen missachte das Verfassungsprinzip der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Der FDP-Politiker Burkhard Hirsch (FDP) kündigte eine Verfassungsbeschwerde an, sollten Schäubles Pläne realisiert werden.

Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) verteidigte Schäuble. "Warum soll man die Bilder zur Ermittlung von Rasern verwenden dürfen, aber nicht zur Aufklärung von Straftaten", fragte Bosbach. Er wandte sich aber gegen eine zentrale Sammlung der Fingerabdrücke. Bosbach hält nur eine dezentrale Speicherung für sinnvoll.

Auch die Innenminister der Länder sind gespalten. Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) plädierte für den Zugriff der Polizei auf Passfotos und Fingerabdrücke. Beckstein schränkte aber ein: "Ich würde die Online-Abfrage beschränken auf Fälle der Schwerstkriminalität." Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) lobte Schäubles Pläne ebenfalls.

FDP: Keinen gläsernen Bürger schaffen
Nordrhein-Westfalens Innenminister Ingo Wolf (FDP) mahnte dagegen: "Wir müssen uns davor hüten, heute Dateien zu schaffen, die morgen den gläsernen Bürger schaffen können." Schleswig-Holsteins Ressortchef Ralf Stegner (SPD) kritisierte, Schäubles Vorschläge ließen "jedes Augenmaß vermissen". Stegners Amtskollege aus Sachsen-Anhalt, Holger Hövelmann (SPD), rügte, alle Bürger als potenzielle Straftäter zu betrachten, sei in einer Demokratie fehl am Platze. Schäubles Misstrauen erinnere an die nach 1990 abgeschaffte Zentrale Einwohnermeldekartei der DDR.

Mitglieder von Bürgerrechtsorganisationen, politischen Gruppen und Datenschutzvereinigungen wollen am Samstag in Frankfurt am Main gegen die aus ihrer Sicht "ausufernde Überwachung" durch Staat und Wirtschaft demonstrieren. Zu dem Protestmarsch am Nachmittag erwarten die Veranstalter rund 1000 Teilnehmer.