Festmesse zu Ehren des Heiligen Apollinaris in St. Lambertus

Quer zum Mainstream: Leben wie Christus

Hat ein Heiliger aus dem 2. Jahrhundert den Menschen heute noch etwas zu sagen? In Düsseldorf versammeln sich jährlich hunderte Gläubige zur Schreinprozession ihres Stadtpatrons durch die Altstadt und geben auf ihre Weise eine Antwort darauf.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
Der Schrein des Heiligen Apollinaris liegt während der Festmesse auf den Altarstufen / © Tomasetti (DR)
Der Schrein des Heiligen Apollinaris liegt während der Festmesse auf den Altarstufen / © Tomasetti ( DR )

Er ist mitten unter den Menschen – wenn man so will. Ein Blickfang im Zentrum der Kirche. Jedenfalls sitzt der Heilige Apollinaris mit Bischofsstab und Mitra auf seinem Reliquienschrein, und dieser ist bewusst – für alle gut sichtbar – auf die Stufen des Altars gestellt. Nah bei den Gläubigen. Die Kirchenbänke säumen die in ihre festlichen Uniformen gekleideten Fahnenträger des St. Sebastianus-Schützenvereins Düsseldorf 1316, und der Stiftschor singt die Missa brevis in C-Dur von Mozart.

Festoktav mit Schützen- und Heimatfest

Denn Apollinaris zu Ehren feiert die Kirchengemeinde St. Lambertus unweit des Rheinufers in diesen Tagen eine Festoktav mit Schützen- und Heimatfest und der großen über Stadtgrenzen hinaus beliebten Apollinaris-Kirmes. Denn noch 1800 Jahre später ist dieser Heilige, vermutlich gebürtig aus der Stadt Antiochia in der heutigen Türkei und Gründer einer ersten Christengemeinde im italienischen Ravenna, im Bewusstsein so vieler lebendig.

So gedenkt mit der Düsseldorfer Altstadtpfarrei die ganze Stadt dieses Heiligen, dessen Patronatsfest auf dem 23. Juli liegt und der seit 1394 zudem als Stadtpatron verehrt wird.

"Das ist christliches Brauchtum, und ich unterstütze das", sagt Maria Heinz aus tiefster Überzeugung. "Ich möchte, dass solche Traditionen weitergehen, dass unser Glaube weitergetragen wird. Deshalb bin ich heute hier", erklärt die Seniorin, die eigens aus Neuss zur Festmesse gekommen ist. Auch Reinhard Weichsel, ebenfalls aus der Nachbarstadt, hat seit 20 Jahren keine dieser Schreinprozessionen ausgelassen. "Ich glaube an die Fürsprache der Heiligen", sagt er, auch wenn alles lange her sei und das Leben solcher frühchristlichen Märtyrer weit zurück liege.

Für ihn habe deren Vorbildcharakter nach wie vor Aktualität. Außerdem liebe er den immer festlich gestalteten Gottesdienst und das gemütliche Beisammensein mit alten Bekannten auf dem Stiftsplatz nach dem Gang durch die Altstadtgassen, räumt der ehemalige Religionslehrer ein. Im nächsten Jahr hat er vor, wieder an dieser von Stadtdechant Msgr. Ulrich Hennes ausgerichteten geistlichen Woche teilzunehmen. "Das gehört für mich irgendwie mit dazu."

Kölner Generalvikar Hofmann hält Predigt

Einen Brückenschlag zwischen dem frühem Christentum, das im römischen Reich Jahrhunderte lang der Verfolgung ausgesetzt war, und der aktuellen Situation von Kirche, stellte Hauptzelebrant Dr. Markus Hofmann in seiner Predigt her. Ein wesentliches Verbindungsstück zwischen damals und heute machte der Kölner Generalvikar am Stichwort "Wachstum der Kirche" fest.

In einer Zeit, in der sich das Imperium Romanum einst flächenmäßig von Schottland bis zum Sudan und von Spanien bis zum Roten Meer ausdehnte, habe das Christentum quer zum Mainstream der öffentlichen Meinung gestanden und sei für viele Störfaktor gewesen, führte er aus. Anders als die Römer ihre zahlreichen Götter hätten die Christen nur den einen Gott in drei Personen verehrt. "Sie unterschieden sich nicht in der Kleidung und in der Sprache von ihren Mitbürgern, aber sie versammelten sich am Sonntag frühmorgens vor der Arbeit, um die heilige Eucharistie zu feiern. Sie lehnten die Ehescheidung und die Abtreibung ab und kümmerten sich – anders als andere religiöse Gemeinschaften – auch um diejenigen Armen und sozial Schwachen, die nicht zu ihren Gläubigen gehörten."

Trotz ungünstiger Rahmenbedingungen wie der der staatlichen Verfolgung von Christen zu dieser Zeit sei Apollinaris dennoch dem Auftrag Jesu, hinaus in die Welt zu gehen, für eine wachsende Jüngerschaft und Kirche zu sorgen, nachgekommen, stellte Hofmann die Bedeutung dieses als Märtyrer gestorbenen Bischofs heraus. So sei dessen Sendung heute aktueller denn je. "Die christliche Gemeinde von Ravenna hatte keine einzige Kirche zur Verfügung; sie hatte ganz sicher auch deutlich weniger Priester als im heutigen Stadtdekanat Düsseldorf leben. Aber all das hat die Christen nicht davon abgehalten zu wachsen", betonte der Gast aus Köln.

Bereitschaft zu dienen

Als wesentliches Kriterium für ein solches Wachstum, wie es heute auch Kardinal Woelki über den Pastoralen Zukunftsweg für sein Bistum erhoffe, so Hofmann, nannte er die Bereitschaft zu dienen. "Eine Kirche, die Gott und den Menschen nicht dient, die dient zu nichts." Als Gründer der Ortskirche von Ravenna rufe der Heilige Apollinaris in Erinnerung: Wenn wir so leben, wie Jesus es uns vorgelebt und aufgetragen hat, dann wird die Kirche auch wieder wachsen. Dazu, argumentierte Hofmann, gehöre der Glaube, dass es Gott ist, der wachsen lasse, und jeder Bischof – in der Nachfolge der Apostel – aus der von Jesus übertragenen Vollmacht handele.

Die Kirche vor Ort sei etwas anderes als eine Bürgerinitiative und der Bischof als Hirte der Ortskirche – und ganz ähnlich der Pfarrer als Hirte der Ortsgemeinde – nicht einfach ein Funktionär. "Die Kirche ist keine menschliche Erfindung, sondern eine göttliche Stiftung – und nur die Treue zum Willen ihres Stifters, nur die Treue zu Jesus Christus, lässt sie Kirche bleiben", sagte der Generalvikar. Gott handele durch den Priester, durch den Bischof.

"Wenn wir den Heiligen Apollinaris heute verehren, dann bekennen wir uns auch zu diesem Wesensmerkmal der Kirche: zu ihrer auf die Apostel zurückgehenden Struktur, sozusagen zur bischöflichen DNA, die uns garantiert, dass wir kein selbstgemachter Club, sondern Glieder der göttlichen Stiftung sind."

Apollinaris als Hirte Vorbild für seine Gläubigen

Das Märtyrertum des Heiligen Apollinaris erinnere daran, dass Christen jederzeit mit Gegenwind und Widerspruch rechnen müssten. Hofmann betonte, in seiner Treue "bis zum letzten Atemzug" sei Apollinaris als Hirte für seine Gläubigen Vorbild geblieben, an dem sich bis heute Menschen orientieren könnten: "als Gründer einer Ortsgemeinde – denn auch heute kann und soll die Kirche wieder wachsen; als Bischof in der Nachfolge der Apostel – denn so wirkt Christus auch heute in seiner Kirche. Und als Märtyrer – denn heute brauchen wir vor allem Zeugen, Menschen, die von Jesus Christus fasziniert sind, die ihn lieben und die Jesus und seiner Kirche treu sind".

Begraben liegt der Heilige Apollinaris in Ravenna. Im Jahr 549 wurde die nach ihm benannte Basilika Sant’ Apollinare in Classe, bekannt für ihre reichen Mosaike, über seinem Grab eingeweiht. Der Legende nach soll er mit einer Keule erschlagen worden sein. Reliquien finden sich heute unter anderem auch in der Apollinariskirche in Remagen, in Gorkum, Dijon, Reims und eben St. Lambertus.


Generalvikar Dr. Hofmann predigt über die Aktualität des Heiligen Apollinaris. / © Tomasetti (DR)
Generalvikar Dr. Hofmann predigt über die Aktualität des Heiligen Apollinaris. / © Tomasetti ( DR )

Zu den Konzelebranten gehören Stadtdechant Msgr. Ulrich Hennes und sein Stellvertreter Michael Dederichs. / © Tomasetti (DR)
Zu den Konzelebranten gehören Stadtdechant Msgr. Ulrich Hennes und sein Stellvertreter Michael Dederichs. / © Tomasetti ( DR )

Aus allen Düsseldorfer Gemeinden nehmen Priester an der Stadtprozession teil. / © Tomasetti (DR)
Aus allen Düsseldorfer Gemeinden nehmen Priester an der Stadtprozession teil. / © Tomasetti ( DR )

Fahnenträger des St. Sebastianus-Schützenvereins Düsseldorf 1316 / © Tomasetti (DR)
Fahnenträger des St. Sebastianus-Schützenvereins Düsseldorf 1316 / © Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR