Dass sie abgeführt und ihr Schiff "Sea-Watch 3" beschlagnahmt wurde, könne dazu führen, dass sich Kapitäne von Handelsschiffen "in Zukunft zwei Mal überlegen werden", ob sie Menschen aus Seenot retten, sagte der Sprecher der Organisation, Ruben Neugebauer, am Dienstag in Berlin.
Schon jetzt sei es so, dass einige Besatzungen bewusst wegschauten. Auch italienische und maltesische Militärschiffe hätten teilweise erst reagiert, als ihnen Sea-Watch mitgeteilt habe, dass sie auf Video aufgezeichnet würden.
Die 31-jährige Deutsche war mit dem Rettungsschiff "Sea-Watch 3" und 40 Migranten an Bord am Wochenende unerlaubt in den Hafen der italienischen Insel Lampedusa gefahren. Dabei berührte sie ein Boot der Finanzpolizei. Die italienische Gesetzgebung sieht für das unerlaubte Einfahren in die Gewässer des Landes Geldstrafen vor.
Nach Solidaritätsbekundungen von Prominenten war in den vergangenen Tagen mehr als eine Million Euro Spenden bei den Seenotrettern eingegangen. "Es ist so viel wie noch nie", sagte Neugebauer. Rackete gehe es "den Umständen entsprechend gut". Sie sei eine "sehr mutige Kapitänin" und habe wegen der schwierigen Situation an Bord keine andere Wahl gehabt, als trotz des Verbots in den Hafen einzulaufen.
Der sogenannte Kampf der Europäischen Union gegen Schlepper auf dem Mittelmeer sei in Wirklichkeit ein "Konjunkturpaket für Schlepper", sagte Neugebauer. Er sei überzeugt: "Man kann Migration nicht aufhalten." Durch die Politik der geschlossenen Häfen werde die Überfahrt für Menschen, die nach Europa wollten, nur teurer und gefährlicher. Im ersten Halbjahr 2019 sind nach UN-Angaben über 27 300 Flüchtlinge und Migranten über das Mittelmeer nach Italien, Zypern, Malta, Spanien und Griechenland gekommen. Seit Jahresbeginn seien schätzungsweise 584 Menschen bei dem Versuch ertrunken.