Finanzprozess gegen Kardinal Becciu geht weiter

Sieben Jahre Haft gefordert

Der Finanzprozess um zwielichtige Geschäfte des Vatikans geht in die entscheidende Phase. Nach einer Sommerpause nimmt das vatikanische Gericht am kommenden Mittwoch die Verhandlungen gegen Kardinal Angelo Becciu wieder auf.

Kardinal Angelo Becciu / © Paolo Galosi/Romano Siciliani (KNA)
Kardinal Angelo Becciu / © Paolo Galosi/Romano Siciliani ( KNA )

Angeklagt sind außerdem neun weitere Personen und vier Firmen. Das teilte das vatikanische Presseamt am Donnerstag mit. Angesetzt sind 18 Termine bis zum 6. Dezember. Dann könnte das Urteil fallen.

Vatikan-Finanzprozess um die Verwaltung der Fonds des Heiligen Stuhls / © Vatican Media (KNA)
Vatikan-Finanzprozess um die Verwaltung der Fonds des Heiligen Stuhls / © Vatican Media ( KNA )

Mit Becciu steht erstmals in der Kirchengeschichte ein Kardinal als Angeklagter vor einem vatikanischen Gericht. Dem 75-jährigen Sarden werden Veruntreuung und Amtsmissbrauch vorgeworfen. Vatikan-Staatsanwalt Alessandro Diddi forderte vor der Sommerpause sieben Jahre und drei Monate Haft für Becciu sowie eine Geldstrafe von 10.239 Euro.

Umstrittene Immobilienfinanzierung

In dem Prozess geht es vorwiegend um mutmaßliche Straftaten rund um die Finanzierung einer Londoner Geschäftsimmobilie. Die zentrale Kirchenleitungsbehörde - das vatikanische Staatssekretariat - hatte das Gebäude ab 2014 als Anlageobjekt für einen dreistelligen Millionenbetrag erworben. Später wurde die Immobilie unter hohen Verlusten wieder verkauft. Der Schaden für den Vatikan soll sich auf 139 bis 189 Millionen Euro belaufen.

Erzbischof Angelo Becciu (l.) neben Papst Franziskus / © Cristian Gennari/Agenzia Romano Siciliani (KNA)
Erzbischof Angelo Becciu (l.) neben Papst Franziskus / © Cristian Gennari/Agenzia Romano Siciliani ( KNA )

Zum Zeitpunkt des Kaufs hatte Becciu als Substitut die zweithöchste Position im Staatssekretariat inne. Neben dem London-Geschäft werden ihm auch Unregelmäßigkeiten bei Überweisungen in sein Heimatbistum auf Sardinien und an die dortige Caritas vorgeworfen. Zudem soll er eine Bekannte als vermeintliche geopolitische Expertin mit dem Vatikan in Kontakt gebracht haben. Die Frau soll Vatikan-Gelder für Luxusgüter ausgegeben haben statt für die Befreiung einer entführten Ordensfrau in Mali.

Der Kardinal, der seit Mitte 2021 im Vatikan vor Gericht steht, hat bisher alle Anschuldigungen zurückgewiesen. Auch den weiteren Angeklagten drohen Haft- und Geldstrafen.

Finanzen im Vatikan

Als zentrale Leitungsbehörde einer weltweiten Organisation sowie als Träger karitativer Einrichtungen hat der Heilige Stuhl hohe laufende Kosten, die meisten davon für Personal. Die Einnahmen kommen aus sehr unterschiedlichen Quellen.

Dazu zählen im Vatikan die Gewinne der Vatikanbank IOR aus Gebühren und Zinsen sowie die an den Heiligen Stuhl abgeführten Gewinne des Vatikanstaates, etwa aus Eintrittsgeldern oder dem Verkauf von Briefmarken.

Stapel von Geldmünzen und Geldscheinen spiegeln sich vor einer gezeichneten Kuppel des Petersdoms.  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Stapel von Geldmünzen und Geldscheinen spiegeln sich vor einer gezeichneten Kuppel des Petersdoms. / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA